Wir haben auch nicht ewig Zeit – Geschäftsführerversicherung mit abgelaufener Haltbarkeit

OLG München, Beschluss vom 12.09.2022, 34 Wx 329/22

Mit einer in der Praxis immer wieder auftretenden Thematik hat sich das OLG München in einer aktuellen Entscheidung auseinandergesetzt. Es ging um die Frage, wie aktuell die Versicherung des Geschäftsführers gemäß § 8 Abs. 2 und 3 GmbHG bei der Anmeldung einer GmbH (oder im konkreten Fall einer UG) sein muss.

Das OLG stellt klar, dass eine betagte Versicherung nicht ausreicht, insbesondere wenn das Verfahren sich aus anderen Gründen hinzieht.

Sachverhalt (vereinfacht)

Im Rahmen der Gründung einer UG reichte die Notarin die Handelsregisteranmeldung ein, die zu diesem Zeitpunkt gut zwei Monate alt war. Schon am Tag nach dem Eingang erließ das Registergericht sachlich berechtigte Beanstandungen. Sie bezogen sich insbesondere auf die fehlende Liste der Gesellschafter, unzulässige Abweichungen vom Musterprotokoll und die Zulässigkeit der gewählten Firma. Das Gericht forderte ferner eine neue Versicherung des Geschäftsführers gemäß § 8 GmbHG an, da die vorgelegte durch Zeitablauf unbrauchbar geworden sei. 

Nachdem die Gründer auf zwei gerichtliche Schreiben, die auf die Vollzugshindernisse hingewiesen hatten, nicht reagiert hatten, wies das Handelsregister die Anmeldung knapp fünf Monate nach ihrer Einreichung zurück.

Die Entscheidung zeigt – was hier aber nicht vertieft werden soll - dass der Umgang mit dem vereinfachten Verfahren des Musterprotokolls offenbar immer noch Fallstricke enthält. Jedenfalls litt die Gründung hier an mehr als einem offenkundigen, vom Handelsregister zu recht beanstandeten Mangel. 

Interessant ist ein anderer Aspekt: Schon gut zwei Monate nach der Einreichung hielt das Registergericht die Geschäftsführer-Versicherung für veraltet. Das Notariat hatte nach Erlass der Zwischenverfügung und den weiteren Nachfragen des Gerichts telefonisch mitgeteilt, wegen der langen Laufzeiten der Behördenpost aus Mexico sei eine schnellere Einreichung der Versicherung nicht möglich gewesen. Außerdem sei bei einem 78-jährigen Geschäftsführer eine Verurteilung nicht mehr zu erwarten (!). 

Das Registergericht hat dieses Vorbringen für nicht relevant erachtet und der Beschwerde der Beteiligten nicht abgeholfen. Das OLG München schließt sich dieser Handhabung an. Es sei nach dem Gesamtverlauf absehbar gewesen, dass sich das Eintragungsverfahren wegen diverser Mängel länger hinziehe. Es sei im weiteren Verlauf auch nicht erkennbar gewesen, dass diese zeitnah behoben würden. Aus diesem Grund sei auch unschädlich, dass die Versicherung im Zeitpunkt ihrer Einreichung „nur“ etwas mehr als zwei Monate alt gewesen sei. Zwar lasse die herrschende Meinung eine Eintragung auch bei Handelsregisteranmeldungen zu, die eine drei Monate alte Versicherung der Geschäftsführer enthalten. Hier seien aber deutliche Zweifel an dem Willen und der Fähigkeit der Beteiligten angebracht gewesen, die Versicherung zeitnah in aktualisierter Form vorzulegen. Die vorgebrachten langen Postlaufzeiten und das Alter des Geschäftsführers änderten an dieser Einschätzung nichts.

Perspektive der Praxis

Die Geschäftsführer-Versicherung mit fortgeschrittenem Haltbarkeitsdatum ist ein häufiger anzutreffendes Phänomen. Dies gilt insbesondere, wenn der Geschäftsführer schon bei der Beurkundung der Gründung der GmbH oder UG die Handelsregisteranmeldung unterzeichnet. Er erteilt dem Notar dann den Treuhandauftrag, diese erst einzureichen, wenn ihm die ordnungsgemäße Einzahlung des Stammkapitals nachgewiesen wurde und der Geschäftsführer ihm mitteilt, dass die Richtigkeit der Versicherung nicht zwischenzeitlich weggefallen ist.

Dieses weit verbreitete Verfahren hat viele Vorteile und dient der nach Auffassung des Gesetzgebers notwendigen Beschleunigung und Vereinfachung, um die sich zum Beispiel die vereinfachte UG-Gründung und das Onlineverfahren bemühen. Meist sind es aber nicht das notarielle Gründungsverfahren und die angebliche Schwerfälligkeit der Gerichte (Reaktionszeit auf den Eintragungsantrag hier ein Tag!), sondern das langwierige, speziell bei Gründern aus dem nicht-europäischen Ausland schier endlose Verfahren der Kontoeröffnung. Hätte man die UG im vorliegenden Fall schnell ins Register bringen wollen, wäre selbst bei einem in Mexiko ansässigen Geschäftsführer mit herkömmlichen Mitteln (also ohne Online-Gründung) die notarielle und gerichtliche Abwicklung in wenigen Arbeitstagen möglich gewesen.  Das setzt allerdings fehlerfreie Gründungsdokumente voraus, an denen es hier aus einer Reihe von Gründen fehlte. Und Schnelligkeit bei der Eröffnung des Gesellschaftskontos.

Folgerungen für die Praxis

Bei der Unterzeichnung der Handelsregisteranmeldung „auf Vorrat“ und im weiteren Gründungsverfahren ist darauf zu achten, dass keine zeitraubenden Hindernisse auftreten. Bei Abgabe der Versicherung im Ausland ist diese rechtzeitig „einzufädeln“. Es ist misslich, wenn erst nach der Beurkundung der Frage nachgegangen wird, wer wo und bei welcher Stelle im Ausland die Versicherung abgibt.

Das Verfahren der Kontoeröffnung nimmt eine Schlüsselrolle ein. Es kann nicht oft genug betont werden, wie wichtig es ist, frühzeitig (also schon deutlich vor der Beurkundung) den Prozess bei der Bank anzustoßen. Bei guter Vorbereitung kann oft schon wenige Tage nach der Beurkundung die Einzahlung des Stammkapitals auf das Konto der Gesellschaft attestiert werden.

Ist das Haltbarkeitsdatum der Versicherung des Geschäftsführers trotz aller Bemühungen abgelaufen, muss sie erneuert werden. Fehlt es den Beteiligten (wie im vorliegenden Fall) ersichtlich an der Einsicht, dass eine zügige Erledigung noch offener Punkte opportun ist, kann es hilfreich sein, die Beteiligten auf diese Notwendigkeit rechtzeitig hinzuweisen.

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