Erklärungen des Arbeitsgebers, etwa eine Abmahnung oder eine Kündigung, können nur dann Wirkung entfalten, wenn sie dem Arbeitsnehmer zugehen. Ist der Arbeitsnehmer nicht im Unternehmen, können ihm Erklärungen grundsätzlich auch durch einen Einwurf in den Briefkasten an seiner Privatadresse zugestellt werden. Regelmäßig stellt sich hier Frage, ob das auch dann gilt, wenn der Arbeitsgeber weiß, dass der Arbeitnehmer sich etwa während der Urlaubszeit oder einem längeren Auslandsaufenthalt nicht zuhause aufhält.
Die Aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes
Zuletzt hat sich das Bundesarbeitsgericht am 25.04.2018 (2 AZR 493/17) mit einem Sachverhalt beschäftigt, in dem sich ein Arbeitnehmer für längere Zeit in Katar aufhielt und deshalb ein bereits am 07.06.2016 eingeworfenes Kündigungsschreiben erst nach Rückkehr in Deutschland am 01.07.2016 zur Kenntnis nahm.
Zugang einer Kündigung
Kündigungen gelten gemäß § 7 Kündigungsschutzgesetz als rechtswirksam, wenn der Arbeitsnehmer sie nicht innerhalb von 3 Wochen nach Zugang durch Klage beim Arbeitsgericht angreift. Das Bundesarbeitsgericht hatte daher zu klären, wann die Kündigung dem Arbeitnehmer zugegangen ist und ob er ausnahmsweise gemäß § 5 Kündigungsschutzgesetz noch nachträglich Klage erheben konnte, da er trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutender Sorgfalt verhindert war, die Klage rechtzeitig einzureichen.
Das Bundesarbeitsgericht hat eindeutig festgestellt, dass die Kündigung dem Arbeitnehmer durch den Einwurf des Kündigungsschreibens in den mit seinem Namen versehenen Briefkasten spätestens am Tag nach dem Einwurf in dem Briefkasten zugegangen ist. Eine verkörperte Willenserklärung gilt unter Abwesenden im Sinne von § 130 Abs. 1 S. 1 BGB als zugegangen, sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist und für diesen unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von ihr Kenntnis zu nehmen. Der Einwurf in einem Briefkasten bewirkt den Zugang eines Schreibens sobald üblicherweise mit der nächsten Entleerung zu rechnen ist. Da Briefkästen üblicherweise an jedem Werktag einmal geleert werden, ist es unerheblich, ob der Empfänger der Nachricht aufgrund Krankheit, Abwesenheit oder andere besondere Umstände tatsächlich das Schreiben nicht aus dem Briefkasten geholt hat. Den Empfänger trifft die Pflicht, die nötigen Vorkehrungen für eine Kenntnisnahme zu treffen. Dies gilt nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ausdrücklich auch dann, wenn der Arbeitgeber wusste, dass der Arbeitnehmer sich im Ausland aufhielt. Anders wäre dies nur dann gewesen, wenn der Arbeitgeber gewusst hätte, dass der Briefkasten des Arbeitnehmers gar nicht mehr geleert wird und nur versehentlich noch mit seinem Namensschild versehen war.
Nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage
Dem Arbeitnehmer musste auch nicht die Möglichkeit gegeben werden, noch nach Ablauf der 21-Tage-Frist Kündigungsschutzklage zu erheben, da das Bundesarbeitsgericht davon ausging, dass er keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen hatte, um eine zeitnahe Kenntnisnahme von in seinen Briefkasten eingeworfenen Schriftstücken sicherzustellen. Wäre er nur vorrübergehend - was das Bundesarbeitsgericht auch im Falle einer urlaubsbedingten Abwesenheit von bis zu sechs Wochen noch annimmt - abwesend gewesen, hätte er nicht dafür sorgen müssen, dass eine andere Person für ihn die Post öffnet. Da er sich aber längerfristig in Katar aufhielt und dennoch weiterhin einen Briefkasten mit seinem Namen in Deutschland vorhielt, hätte er - anders als bei nur vorübergehender urlaubsbedingter Abwesenheit, bei der ein solcher Aufwand nicht zumutbar sein soll - dafür Sorge tragen müssen, dass er zeitnah von für ihn bestimmten Sendungen Kenntnis erlangt. In Anbetracht seiner nur noch gelegentlichen Anwesenheit hätte er eine Person seines Vertrauens damit beauftragen müssen, die für ihn bestimmte Post regelmäßig zu öffnen und ihn zeitnah über ihren Inhalt zu informieren.
Folgen für Praxis
Auch während der urlaubsbedingten Abwesenheit oder einer längeren Abwesenheit gehen Schriftstücke im Hausbriefkasten von Arbeitsnehmern zu. Befindet sich der Arbeitnehmer jedoch nur für kurze Zeit (bis zu sechs Wochen) im Erholungsurlaub, muss er nicht dafür sorgen, dass eine dritte Person diese Post öffnet und ihn über die Inhalte informiert. Stattdessen kann im Falle des Zugangs einer Kündigung eine nachträglichen Zulassung der Kündigungsschutzklage gemäß § 5 Kündigungsschutzgesetz beantragt werden. Befindet sich der Arbeitnehmer jedoch länger im Ausland, muss er umfassende Vorkehrungen dafür treffen, dass er über den Zugang der Post in seinem Hausbriefkasten informiert wird.