Alle Jahre wieder... - Streiks vor Weihnachten

Viele Menschen planen über die Weihnachtsfeiertage einen Besuch bei der Familie oder Freunden. Die Vorfreude auf solche Besuche kann aber mitunter dadurch erheblich getrübt werden, dass die entsprechenden Bahnverbindungen aufgrund von Streikmaßnahmen nicht oder nur mit festtagsstimmungsfeindlicher Verspätung bedient werden. Zumindest für das diesjährige Weihnachtsfest sind allerdings nach der Einigung in der Bahn-Tarifrunde zwischen der Bahn und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) keine Beeinträchtigungen zu erwarten.

HINTERGRUND

Unter einem Streik versteht man allgemein die planmäßige, vorübergehende Arbeitsniederlegung einer größeren Anzahl Arbeitnehmer zur Erreichung eines gemeinschaftlichen, durch Tarifvertrag regelbaren Zieles. Sind laufende Tarifverhandlungen noch nicht endgültig gescheitert, so liegt ein Warnstreik vor. Die Unterschiede zwischen Warn- und sog. Erzwingungsstreiks sind in den letzten Jahren von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung weitgehend eingeebnet worden. Auch „bloße“ Warnstreiks können deshalb bereits zu erheblichen Beeinträchtigungen vor allem bei Dritten gerade in Unternehmen der Daseinsvorsorge oder der Verkehrsbranche führen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich in der zunehmend arbeitsteiligen Wirtschaft sog. „Funktionseliten“ in Unternehmen gewerkschaftlich organisieren. Jüngstes Beispiel hierfür ist der Warnstreik bei der Lufthansa Ende November 2016, der von der Pilotengewerkschaft „Vereinigung Cockpit“ geführt wurde.

Die Möglichkeit eines Streiks wird durch das Grundgesetz gewährleistet. Art. 9 Abs. 3 GG schützt verfassungsrechtlich die Tarifautonomie und die Maßnahmen, die zu deren Durchsetzung erforderlich sind. Ein Streik muss in Deutschland auf ein tarifvertraglich regelbares Ziel gerichtet sein, darf nicht gegen die sog. Friedenspflicht aus einem anderen (noch) gültigen Tarifvertrag verstoßen und muss verhältnismäßig sein. Die konkrete Reichweite des letztgenannten Kriteriums ist rechtlich und faktisch allerdings nur außerordentlich schwer zu bestimmen und zur Eingrenzung von Streikmaßnahmen, etwa durch Gerichtsentscheidungen, in der Praxis deshalb weitgehend untauglich.

Da der Streik verfassungsrechtlich geschützt ist, darf die Teilnahme an einem berechtigten (Warn-)Streik keinerlei negative Konsequenzen, etwa in Form einer Abmahnung oder Kündigung durch den Arbeitgeber, für die streikenden Arbeitnehmer haben. Auch nicht gewerkschaftlich organisierte Mitarbeiter dürfen die Arbeit niederlegen. Allerdings ruht für den Zeitraum des Streiks das Arbeitsverhältnis. Der streikende Arbeitnehmer muss für diesen Zeitraum keine Arbeitsleistungen erbringen, hat allerdings auch keinen Anspruch auf Vergütung durch den Arbeitgeber. Die Gewerkschaften, die zum Streik aufgerufen haben, zahlen für ihre Mitglieder aber in der Regel eine finanzielle Streikunterstützung – die bei kurzfristig vor oder während eines Arbeitskampfes erfolgten Neueintritten und anschließender Beendigung der Mitgliedschaft häufig auch wieder zurückgefordert werden kann.

EINIGUNG DER BAHN MIT DER EVG – WAS IST MIT DER GDL?

Am 12. Dezember 2016 hat sich nun die EVG, die rund 150.000 Bahn-Arbeitnehmer vertritt, mit der Bahn auf ein neues Tarifpaket geeinigt. Der neue Tarifvertrag läuft bis zum 30. September 2018. Von Seiten der EVG sind also in nächster Zeit keine Streiks zu erwarten.

Allerdings gibt es noch die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL), die am 16. Dezember 2016 mit der Bahn zu Tarifvertragsverhandlungen zusammentrat. Die GDL vertritt die Interessen von rund 35.000 Bahn-Arbeitnehmern. Auch hier ist jedoch zumindest für die bevorstehenden Feiertage ein Streik nicht wahrscheinlich. Bei Scheitern der Tarifvertragsverhandlungen kann die Bahn ein Schlichtungsverfahren verlangen, bei dem eine neutrale Person zwischen den Parteien zu vermitteln versucht. Vor einem möglichen Warnstreik ist das Ergebnis des Schlichtungsverfahren abzuwarten. Auf der Erfordernis eines solchen Schlichtungsverfahrens hatten sich Bahn und GDL im vergangenen Jahr – nach heftigem Arbeitskampf – geeinigt.

FAZIT

Nach alledem sind zumindest in diesem Jahr keine Streiks im Bahnverkehr rund um das Weihnachtsfest zu erwarten. So können alle Beteiligten etwas gelassener auf die Feiertage blicken.

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