Kann der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer einseitig ins Home-Office versetzen? Das war die spannende Frage, die die Berufungskammer des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (Urteil vom 14.11.2018 - 17 Sa 562/18) zu entscheiden hatte.
Sachverhalt
Der Kläger war bei seinem Arbeitgeber als Ingenieur beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthielt keine Regelung über die Änderung des Arbeitsorts. Vielmehr war dort eine bestimmte Betriebsstätte angegeben.
Der Arbeitgeber beabsichtigte sodann, den Kläger vollständig im Home-Office zu beschäftigen. Nachdem der Kläger eine Änderungsvereinbarung abgelehnt hatte, nach welcher er seine Arbeit künftig von zuhause aus verrichten sollte, versetzte ihn der Arbeitgeber einseitig ins Home-Office. Der Kläger widersetzte sich, so dass der Arbeitgeber die außerordentliche fristlose Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung aussprach.
Urteil
Das Berufungsgericht gab dem Arbeitnehmer Recht. Der Arbeitgeber war nicht berechtigt, das Arbeitsverhältnis wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung zu kündigen, da die Versetzung ins Home-Office vom Weisungsrecht nicht mehr gedeckt gewesen sei. Im Einzelnen:
Zunächst einmal ist es möglich, einem Arbeitnehmer wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung zu kündigen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Arbeitnehmer die Arbeit auch tatsächlich wie gefordert zu erbringen hat. Dies war vorliegend nicht der Fall, da die Voraussetzungen für eine Versetzung im Rahmen des Weisungsrechts nach § 106 S. 1 der Gewerbeordnung (GewO) nicht vorgelegen haben.
Nach § 106 S. 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Eine Versetzung in das Home-Office sei nach Auffassung des Gerichts vom arbeitsvertraglichen Weisungsrecht nicht mehr umfasst gewesen. Durch eine solche Weisung würde der Arbeitgeber den vereinbarten Vertragsrahmen, der eine Tätigkeit in einer Betriebsstätte vorsah, überschreiten. Die Umstände einer ausschließlichen in der eigenen Wohnung zu verrichtenden Tätigkeit seien mit einer Tätigkeit, die in einer Betriebsstätte zusammen mit weiteren Mitarbeitern des Arbeitgebers auszuüben ist, nicht zu vergleichen. Der Arbeitnehmer verliere den unmittelbaren Kontakt zu seinen Kollegen und die Möglichkeit, sich mit ihnen auszutauschen. Die Tatsache, dass Arbeitnehmer häufig an einer Tätigkeit im Home-Office interessiert seien, könne hieran nichts ändern.
Fazit
Die Entscheidung zeigt, dass bei der einseitigen Versetzung von Arbeitnehmern vorher genau überprüft werden sollte, inwiefern eine Versetzung rechtlich zulässig ist. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer etwas gewähren möchte, was sich viele Kollegen häufig wünschen: Home-Office.
Zudem ist denkbar, Versetzungsklauseln bei der Vertragsgestaltung im Vorfeld auf die konkreten Bedürfnisse im Einzelfall anzupassen.