Neu gegründete Unternehmen haben arbeitsrechtliche Privilegien, die bei der arbeitsrechtlichen Beratung nicht vergessen werden sollten. Beispielsweise bei Unternehmenstransaktionen kann es arbeitsrechtlich empfehlenswert sein, eine neue Gesellschaft im Rahmen eines Asset Deals zu gründen.
Nach dem Erwerbsgegenstand der gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten unterscheidet man zwei Formen: den Asset Deal und den Share Deal.
Bei einem Asset Deal werden einzelne Vermögensgegenstände übertragen, wobei der Erwerber konkret bestimmen kann, welche Teile eines Unternehmens oder Betriebs er übernimmt. Im Gegensatz zum Asset Deal handelt es sich beim Share Deal um den Kauf von sämtlichen oder einigen Anteilen am Unternehmen.
Im Rahmen eines Asset Deals kann eine neue Gesellschaft gegründet werden. Die Neugründung hat im Gegensatz zu einem Asset Deal mit einem bestehenden Unternehmen folgende Vorteile:
§ 112a BetrVG
Im Falle einer Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG ist der Unternehmer verpflichtet, den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplante Betriebsänderung mit ihm zu beraten. Im Anschluss sind mit dem Betriebsrat Verhandlungen über einen Interessensausgleich in Bezug auf die unternehmerisch-wirtschaftliche Entscheidung aufzunehmen. Vom Betriebsrat kann auch grundsätzlich der Abschluss eines Sozialplans verlangt werden, der regelmäßig Entschädigungszahlungen an die von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer vorsieht. Einschränkungen zur Erzwingbarkeit des Sozialplans sieht die Vorschrift des § 112a BetrVG vor. Dadurch soll der Anreiz geschaffen werden, Unternehmen neu zu gründen. Zwar wird die Beteiligungspflicht des Betriebsrats in den Fällen des § 112a BetrVG nicht ausgeschlossen, allerdings wird die Erzwingbarkeit von Sozialplänen gemäß § 112 Abs. 4, 5 BetrVG eingeschränkt. Gemäß § 112a BetrVG findet § 112 Abs. 4, 5 BetrVG keine Anwendung auf Betriebe eines Unternehmens in den ersten 4 Jahren nach der Gründung. In diesen Fällen ist damit ein Sozialplan nicht erzwingbar. Für die Anwendbarkeit der Norm ist das Alter des Unternehmens, also der juristischen Person bzw. der Firma, nicht aber das Alter des Betriebs maßgebend. Auch besteht im Falle einer Betriebsübernahme von einem Unternehmen, das noch nicht 4 Jahre alt ist, keine Sozialplanpflicht. Bei einer rechtlichen Umstrukturierung eines Unternehmens oder eines Konzerns greift die Privilegierung hingegen nicht. Vorsicht ist jedoch da geboten, wo der Übergang des Betriebs auf ein neugegründetes Unternehmen nur zu dem Zweck erfolgt, den Betrieb ohne einen Sozialplan stillzulegen (sogenannte Stilllegungs-GmbH). Eine Berufung auf dem Befreiungstatbestand des § 112a Abs. 2 Satz 2 BetrVG wäre in diesem Fall rechtsmissbräuchlich, wenn ein solcher Vorgang als Umstrukturierung des Unternehmens verstanden werden würde, sodass die Befreiung von der Sozialplanpflicht ohnehin gemäß § 112a Abs. 2 Satz 2 BetrVG ausgeschlossen wäre.
§ 14 Abs. 2a TzBfG
Ein weiterer Vorteil neu gegründeter Unternehmen ist die Befristungsmöglichkeit gemäß § 14 Abs. 2a TzBfG. Demnach kann in den ersten 4 Jahren nach der Gründung eines Unternehmens die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von 4 Jahren zulässig sein. Bis zu einer Gesamtdauer von 4 Jahren ist dabei die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrags möglich. In Abweichung zu § 14 Abs. 2 TzBfG sieht § 14 Abs. 2a TzBfG daher eine längere und einfachere Befristungsmöglichkeit vor. Mit einem Umfang von 4 Jahren ist eine Befristung doppelt so lange möglich wie im Falle einer "normalen" Befristung ohne Sachgrund. Da von der Norm nur neu gegründete Unternehmen erfasst sind, ist die Errichtung eines neues Betriebs nicht ausreichend. Ebenfalls vom Geltungsbereich ausgenommen ist die Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Übernimmt hingegen ein neu gegründetes Unternehmen den Betrieb oder Betriebsteil eines länger als 4 Jahre bestehenden Unternehmens, kann es von der Möglichkeit des § 112a Abs. 2 BetrVG als auch von der Befristungsmöglichkeit nach § 14 Abs. 2a TzBfG Gebrauch machen.
Zu beachten ist jedoch, dass der befristete Arbeitsvertrag nicht vor der Aufnahme der Unternehmenstätigkeit des neu gegründeten Unternehmens geschlossen wird. Soll der Arbeitsbeginn zeitlich früher liegen, ist regelmäßig eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG möglich, sodass das befristete Arbeitsverhältnis nach der Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit gemäß § 14 Abs. 2a TzBfG bis zu einer Gesamtdauer von 4 Jahren sachgrundlos verlängert werden kann. Allerdings ist darauf zu achten, dass keine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses vorlag. In diesem Fall ist keine Verlängerung nach § 14 Abs. 2a TzBfG mehr möglich ist, da das Verbot des Abschlusses eines befristeten Arbeitsvertrages mit einem bereits zuvor Beschäftigten auch im Rahmen des § 14 Abs. 2a TzBfG gilt.
An dieser heutigen Rechtslage wird sich vorerst nichts ändern. Zwar sieht der Koalitionsvertrag eine Verkürzung der Höchstdauer von sachgrundlosen Befristungen von 2 Jahren auf 18 Monate vor, allerdings ist dem Koalitionsvertrag nicht zu entnehmen, dass eine Änderung der Privilegierung von neu gegründeten Unternehmen geplant ist.