Baukostenobergrenze: Architekt haftet bei Überschreitung auf Schadensersatz

Mit der Baukostenobergrenze vereinbaren Bauherr und Architekt die Baukosten, welche das Bauvorhaben nach Planung des Architekten maximal kosten darf. Die Baukostenobergrenze stellt unabhängig von baukünstlerischen Aspekten häufig die Quadratur des Kreises dar. Dass für deren Überschreitung der Architekt trotzdem haftet, war seit längerem bekannt. Mit seinem aktuellen Urteil (6. Oktober 2016 – VII ZR 185/13) hat der BGH dazu jetzt neue Beweislastgrundsätze aufgestellt.

SACHVERHALT

Für den Umbau eines alten Betriebsgebäudes zu einem Geschäfts- und Wohnhaus beauftragte der Bauherr einen Architekten mit umfassenden Planungsleistungen. Die Parteien haben eine Baukostenobergrenze von € 600.000,00 vereinbart. Über alle Instanzen hinweg blieb streitig, ob diese im Laufe des Planungsprozesses verdoppelt wurde.

Die tatsächlichen Baukosten lagen dann auch zwischen € 600.000,00 und € 1,2 Mio. Der Architekt hat sein Honorar auf der Grundlage der tatsächlichen Baukosten berechnet und eingeklagt. Der Bauherr hat nur das Honorar gezahlt, was sich bei Beachtung der Baukostenobergrenze von € 600.000,00 ergeben hätte.

ENTSCHEIDUNG DES BGH

Bereits mit Urteil vom 23. Januar 2003 (VII ZR 362/01) hat der BGH entschieden, dass der Architekt für die Überschreitung einer Baukostenobergrenze haftet. Er darf dann seiner Honorarberechnung nur die mit der Obergrenze vereinbarten Baukosten zugrunde legen. Unklar blieb die genaue rechtliche Begründung der Honorarbegrenzung und dementsprechend auch die Beweislastverteilung.

Wohl auch deswegen hatten die Instanzgerichte erhebliche Probleme mit der Verteilung der Beweislast. Der BGH hat die aktuelle Sache deswegen wieder an das OLG zurückverwiesen. Die entscheidenden Hinweise zur Beweislast auch in zukünftigen Fällen hat er aber mitgeliefert:

Der Architekt, der eine Baukostenobergrenze überschreitet, liefert eine mangelhafte Planung ab. Dementsprechend hat der Bauherr Anspruch auf Schadenersatz gemäß §§ 634 Nr. 4280 Abs. 1 BGB. Bestandteil des Schadens ist auch das Architektenhonorar, welches sich gemäß § 4 HOAI unter Zugrundelegung der über die Obergrenze hinausgehenden Baukosten ergibt. Weil der Architekt dieses Honorar sofort wieder als Schadenersatz an den Bauherrn auszahlen müsste, darf er es von vornherein nicht verlangen. Vielmehr darf der Architekt seiner Honorarberechnung maximal die Baukosten aus der vereinbarten Obergrenze zugrunde legen.

Nach allgemeinen Grundsätzen muss derjenige, der einen Schadenersatzanspruch geltend macht, dessen Voraussetzungen beweisen. Weil das erhöhte Honorar nach aktueller Rechtsprechung des BGH einen Schaden des Bauherrn darstellt, muss nun dieser die Vereinbarung einer Baukostenobergrenze beweisen. Ist die ursprüngliche Baukostenobergrenze unstreitig und beruft sich der Architekt auf eine Anhebung der Baukostenobergrenze, muss er die ihr zugrunde liegende Änderungsvereinbarung beweisen. Je nachdem, wer zukünftig diesen Beweislastanforderungen genügt, wird entweder mit seinem Honoraranspruch teilweise „in die Röhre schauen“ oder sich um die Nachfinanzierung seines Bauvorhabens bemühen müssen.

PRAXISHINWEIS

Für Bauherr und Architekt gilt gleichermaßen, klare Vereinbarungen zu treffen. Eine Baukostenobergrenze muss wirksam im Architekten- und Planervertrag vereinbart werden. Umgekehrt muss der Architekt bei der Unterbreitung von Honorarvorschlägen deutlich machen, dass das Honorar von sich üblicherweise ändernden Baukosten abhängt. Wird eine ursprüngliche Baukostenobergrenze einvernehmlich angehoben, liegt es vor allem an Planer, dies in einem Nachtrag zum Vertrag unzweifelhaft zu regeln.

Gerade der Architekt muss bei der Überschreitung einer Baukostenobergrenze besonders wachsam sein. Wer beim Fußball im Strafraum eine klare Torchance durch Foulspiel vereitelt, wird doppelt bestraft: Mit Strafstoß und Platzverweis. Bei der Überschreitung der Baukostenobergrenze kann ähnliches drohen: Verlust von Honoraransprüchen und Schadenersatz für die weitergehenden Baukosten, sofern diese nicht sogenannte „Sowieso-Kosten“ sind.

„Sowieso-Kosten“ werden Thema eines gesonderten Beitrages sein.