Beschleunigungsmittel für die Genehmigung von Großvorhaben - vorzeitige Besitzeinweisung

Längst nicht nur im juristischen Umfeld wird über die lange Dauer von Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren für z.B. die Errichtung von Höchstspannungsfreileitungen oder den Bau großer Infrastrukturprojekte diskutiert. Auch im gesellschaftlichen Diskurs taucht dieser Punkt insbesondere im Zusammenhang mit Themen wie dem Klimaschutz und der Energiewende immer wieder auf.

Allerdings handelt es sich hierbei um kein neuartiges “Problem“. Der Gesetzgeber hat bereits Mechanismen geschaffen, die zur Beschleunigung und Straffung großer Verfahren beitragen sollen (und ggfs. können). Hierzu zählt unter anderem das für einige Vorhaben geregelte Institut der vorzeitigen Besitzeinweisung. Doch was ist das überhaupt?

Die vorzeitige Besitzeinweisung – z.B. in § 21 AEG und § 18 Abs. 1 FStrG geregelt – ermöglicht es, den Vorhabenträger unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag nach Feststellung des Plans in den Besitz einzuweisen. Voraussetzungen hierfür sind unter anderem die Gebotenheit des sofortigen Baubeginns und die sofortige Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Sinn und Zweck der vorzeitigen Besitzeinweisung ist es, dem Vorhabenträger vor Rechtskraft der Enteignungsentscheidung oder bis zur endgültigen Regelung über den Eigentumsübergang den Zugriff auf das benötigte Grundstück zu ermöglichen.

Jüngst hatte das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht in einem Eilverfahren in II. Instanz über die Vollziehbarkeit eines Besitzeinweisungsbeschlusses gegenüber zwei Eigentümern zu entscheiden (Beschl. v. 23.09.2021 – 4 MB 32/21). Das Verfahren betrifft den Bau des Fehmarnbelttunnels, ein ca. 17,6 km langer Straßen- und Eisenbahntunnel, der unter der Ostsee zwischen der dänischen Insel Lolland und der deutschen Insel Fehmarn verlaufen soll. Das Gericht hat durch seine Entscheidung, dass die vorläufig verfügte Einweisung in den Besitz von Grundstücken, die für den Bau des Tunnels benötigt würden, im Bereich des Fährhafens Puttgarden rechtmäßig sei, den Weg für den Baubeginn des Fehmarnbelttunnels auf deutscher Seite freigemacht. Das Gericht ließ die Anträge an dem Umstand scheitern, dass dem Vorhaben entgegen der Sicht der Antragsteller keine wesentlichen Hindernisse entgegenstünden. Zwar sei das nach einer Auflage des Planfeststellungsbeschlusses erforderliche Rettungs- und Notfallkonzept noch nicht vorgelegt worden, die Nichtbefolgung der Auflage habe aber keine Auswirkung auf die Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses.

Im vorgenannten Fall greift der gesetzgeberische Mechanismus also, die Bauarbeiten für den Fehmarnbelttunnel können beginnen. Die vorzeitige Besitzeinweisung wirkt aber nur einem der vielen möglichen Verzögerungsfaktoren entgegen. Großvorhaben stehen zudem aber oftmals auch viele andere mögliche Hindernisse entgegen, denen es präventiv vorzubeugen gilt oder auf die schnell reagiert werden muss. Hierzu beraten wir Sie gerne.