BGH: Bezahlte „Tag Taps“ sind kennzeichnungspflichtig

Der BGH hat in drei Grundsatzentscheidungen neue Leitlinien zum Thema Influencer-Marketing aufgestellt. Seit Jahren wird über die Frage gestritten, ob und in welchem Umfang Instagram-Posts als kennzeichnungspflichtige Werbung zu qualifizieren sind. Die Grenzziehung zwischen redaktionellen und kommerziellen Interessen fällt im Zeitalter der Social Media-Plattformen zunehmend schwer. Umstritten war bislang insbesondere, ob bereits eine mittelbare Werbefinanzierung Kennzeichnungspflichten bei Produktpräsentationen auslösen und eine sogenannte „Schleichwerbung“ begründen kann (Beitrag zum Urteil des OLG Köln).

Worum ging es?

Hintergrund der Entscheidungen waren Instagram-Posts dreier bekannter Influencerinnen. Auf Klägerseite stand in allen Verfahren der Verband Sozialer Wettbewerb. Die Beklagten posten im Rahmen ihrer Social Media-Posts auf der Plattform Instagram regelmäßig mit kurzen Begleittexten versehene Bilder. Auf einigen dieser Bilder sind auch mit sogenannten „Tap Tags“ versehene Produkte von Kooperationspartners abgebildet. „Tap Tags“ sind besondere Markierungen (insbesondere über Hersteller und Anbieter), die erst durch Antippen sichtbar werden. Durch weiteres Antippen gelangen Nutzer regelmäßig auf die Instagram-Profile der verknüpften Unternehmen. Auch bei den hier gegenständlichen „Tag Tags“ wurden die Nutzer auf die Unternehmens-Profile der abgebildeten Produkte weitergeleitet.

Nur in einem der Fälle erhielt die Influencerin eine Gegenleistung für den Post. In keinem der Fälle wurde ein kommerzieller Hintergrund der Posts kenntlich gemacht.

Wie entschied der BGH?

Der BGH entschied (Influencer I), dass das Posten eines mit einem „Tap Tag“ versehenen Produkts dann gegen § 5a Abs. 6 UWG verstößt, wenn eine Gegenleistung geleistet wurde und der kommerzielle Zweck des Beitrags, ein fremdes Unternehmen zu fördern, nicht erkennbar ist. Zudem könne ein solcher Post gegen § 3a UWG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG sowie § 58 Abs. 1 S. 1 RStV bzw. § 22 Abs. 1 Satz. 1 MStV verstoßen, wenn die kommerzielle Kommunikation bzw. Werbung nicht hinreichend erkennbar sei.

Posts, die zwar der Förderung eines fremden Unternehmens dienen, für die jedoch keine Gegenleistung gestellt wurde, sollen hingegen grundsätzlich nicht gegen § 5a Abs. 6 UWG verstoßen (Influencer II und Influencer III). Da die beanstandeten Beiträge den vorrangigen Spezialvorschriften der § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG sowie § 58 Abs. 1 S. 1 RStV bzw. § 22 Abs. 1 Satz. 1 MStV nach Auffassung des Gerichts genügten, entschied der BGH, dass der Anwendungsbereich der allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Regelung des § 5a Abs. 6 UWG entsprechend eingeschränkt sei und keine weitergehenden Kennzeichnungspflichten begründe.

Eine geschäftliche Handlung zugunsten eines anderen Unternehmens ohne Gegenleistung soll nur dann einer Kennzeichnungspflicht unterliegen, wenn der Beitrag nach seinem Gesamteindruck „übertrieben werblich“ ist und einen „werblichen Überschuss“ enthält. Dem Beitrag muss daher jede kritische Distanz zu dem angepriesenen Produkt oder der angepriesenen Dienstleistung fehlen. Allein das Versehen eines abgebildeten Produkts mit „Tag Taps“ reicht nach Auffassung des BGH für die Feststellung eines solchen Überschusses noch nicht aus. Jedoch soll beim Verlinken auf die Internetseite des Herstellers des abgebildeten Produkts regelmäßig ein werblicher Überschuss vorliegen.

Ausblick

Der BGH schafft in Sachen Influencer-Marketing Rechtssicherheit. Die Leitentscheidungen knüpfen zudem an die im nächsten Jahr in Kraft tretende UWG-Novelle an. Maßgebliches Kriterium für die Beurteilung einer unzulässigen „Schleichwerbung“ wird künftig der Erhalt einer Gegenleistung sein.

Fragen wirft jedoch die Differenzierung des BGH zwischen „Tag Taps“ einerseits und Verlinkungen auf die Internetseite des Herstellers bzw. Anbieters andererseits auf. Denn auch „Tag Taps“ „verlinken“ durch wiederholtes Klicken grundsätzlich auf die Instagram-Profile der jeweiligen Hersteller bzw. Anbieter. Ob und wann „Tag Taps“ tatsächlich zu einer Kennzeichnungspflicht führen, bleibt – auch vor dem Hintergrund der neuen UWG-Novelle – fraglich.

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