Bisweilen übersehen: Unterschreitung des Unternehmensgegenstandes durch die Veräußerung von Geschäftsaktivitäten

 

Nicht nur börsennotierte Aktiengesellschaften, sondern auch große mittelständische Unternehmen, die in der Rechtsform der GmbH organisiert sind, entscheiden sich mitunter für die Veräußerung von Unternehmensaktivitäten. Die Gründe hierfür sind in der Regel unternehmensstrategischer Art (Konzentration auf das Kerngeschäft, Aufgabe renditeschwacher Geschäftsfelder, etc.). Hat die Veräußerung zur Folge, dass der satzungsmäßige Unternehmensgegenstand künftig nicht mehr ausgefüllt werden kann, trifft die Geschäftsführer die Pflicht, die Gesellschafterversammlung zur Anpassung des Unternehmensgegenstands im Wege der Satzungsänderung zu veranlassen. Führen sie hingegen die Geschäfte fortan ohne eine solche Satzungsänderung fort, verstoßen Geschäftsführer grundsätzlich gegen ihre Sorgfaltspflichten.

Geschäftsführer müssen Grenzen ihrer Organkompetenz beachten

Auch bei Veräußerungsprozessen sind die Geschäftsführer nach allgemeinen Grundsätzen verpflichtet, die Kompetenzverteilung in der GmbH, insbesondere die Zuständigkeiten der Gesellschafterversammlung zu respektieren. Regelmäßig werden sie daher vor der Veräußerung einer Geschäftsaktivität die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einholen, insbesondere wenn eine solche nach der Satzung oder Geschäftsordnung vorgegeben ist.

Im Zusammenhang mit der Veräußerung von Unternehmensaktivitäten wird jedoch leicht übersehen, dass diese nach Vollzug der Transaktion eine Kollision mit der Pflicht der Geschäftsführer verursachen kann, den in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstand einzuhalten. Führt die Veräußerung nämlich zu dessen dauerhafter Unterschreitung, missachten die Geschäftsführer faktisch die Kompetenz der Gesellschafterversammlung, die Art von Geschäften in der Satzung festzulegen, welche die GmbH betreiben soll und handeln damit pflichtwidrig. Eine per einfachem Gesellschafterbeschlusses erteilte Zustimmung der Gesellschafterversammlung zur Veräußerung ändert daran in aller Regel nichts. Vielmehr bedarf es zusätzlich einer Anpassung des Unternehmensgegenstands im Wege einer formeller Satzungsänderung (§ 53 GmbHG), um wieder einen Gleichlauf zwischen satzungsmäßigem und tatsächlich ausgeübtem Unternehmensgegenstand herzustellen.

Prüfung der Veräußerungsfolgen für die Einhaltung des Unternehmensgegenstands

Geschäftsführer sollten daher vor der geplanten Veräußerung einer Geschäftsaktivität sorgfältig prüfen, ob der satzungsmäßige Unternehmensgegenstand nach Vollzug der Transaktion dauerhaft nicht mehr ausgefüllt werden kann. Ergibt dabei in einem ersten Schritt die Auslegung der Satzung, dass diese ein bestimmtes Betätigungsfeld verbindlich und abschließend vorschreibt, es also der Geschäftsführung gerade nicht gestattet sein soll, die Gesellschaftstätigkeit auf einen Teil des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstands zu beschränken, ist in einem zweiten Schritt zu ermitteln, ob die zur Veräußerung stehende Aktivität zur Ausfüllung des Unternehmensgegenstands erforderlich ist. Sofern dies ihrer Beurteilung nach ebenfalls zu bejahen ist, beispielsweise weil die Satzung ein bestimmtes Tätigkeitsfeld verbindlich vorgibt, welches allein von der zu veräußernden Geschäftsaktivität abgebildet wird, müssen die Geschäftsführer im Nachgang der Transaktion die Gesellschafterversammlung zwecks Beschlussfassung über die Anpassung des Unternehmensgegenstands einberufen (§ 49 Abs. 2 GmbHG).

Praxishinweis

In Fällen veräußerungsbedingter (dauerhafter) Unterschreitungen des Unternehmensgegenstands kann es sich abhängig von der zugrunde liegenden Transaktionsstruktur mitunter anbieten, zusammen mit der Einholung der Zustimmung der Gesellschafterversammlung zu der Transkation auch bereits den satzungsändernden Beschluss zur Anpassung des Unternehmensgegenstands zu fassen, um so die Gesellschafterversammlung nur einmal formal mit der Transaktion bzw. deren Folgen für den Unternehmensgegenstand befassen zu müssen. Unter Umständen ist zu diesem Zeitpunkt zwar noch offen, ob es tatsächlich zur Veräußerung kommt, weil beispielsweise behördliche Genehmigungen wie die Kartellfreigabe oder die Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung nach der Außenwirtschaftsverordnung noch ausstehen. In diesem Fall kann die Gesellschafterversammlung die Geschäftsführung bzw. den bevollmächtigten Notar jedoch anweisen, die Handelsregisteranmeldung der Satzungsänderung erst nach tatsächlichem Vollzug der Veräußerung anzumelden. Die Satzungsänderung wird dann nur wirksam, wenn es infolge der Veräußerung tatsächlich zu der Veränderung des Tätigkeitsprofils und hiermit verbundenen Unterschreitung des gegenwärtigen Unternehmensgegenstands kommt.

 

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