Causa Claudia: Pechstein unterliegt vor dem BGH

Die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein hat in ihrem jahrelangen Rechtsstreit mit dem Internationalen Eischnelllaufverband ISU eine empfindliche Niederlage einstecken müssen. Der BGH gab der revisionsführenden ISU recht und erteilte damit den Schadensersatzbemühungen Pechsteins eine klare Absage.

Hintergrund

Bei der Eisschnelllauf-Weltmeisterschaft im Jahre 2009 waren die Blutproben von Claudia Pechstein auffällig; ihre Retikulozytenwerte waren deutlich erhöht. Die ISU sperrte die mehrfache Olympiasiegerin und Weltmeisterin daraufhin für zwei Jahre wegen Dopings, wodurch die Athletin u.a. nicht an den olympischen Spielen 2010 in Vancouver teilnehmen konnte und sicher geglaubte Sponsoreneinnahmen ausblieben.

Pechstein begründete die erhöhten Werte mit einer erblich bedingten Anomalie und wehrte sich daher in der Folge gegen den Dopingvorwurf und die verhängte Sperre. Der internationale Sportgerichtshof CAS sowie das Schweizer Bundesgericht bestätigten jedoch die Sperre. Der CAS war zunächst für die Entscheidung über die Sperre zuständig, da Pechstein im Vorfeld der WM 2009 eine entsprechende Schiedsabrede mit der ISU unterzeichnen musste; andernfalls wäre sie nicht zu den Wettbewerben zugelassen worden.

Worum geht es im Verfahren vor dem BGH?

Nachdem Claudia Pechstein sowohl vor dem CAS als auch vor den Schweizer Gerichten ohne Erfolg blieb, strengte sie in Deutschland eine Schadensersatzklage gegen den CAS u.a. aufgrund der „verlorenen“ Sponsorengelder in Höhe von 5 Mio. € an. Diesbezüglich war zunächst in einer Vorfrage zu entscheiden, ob der Rechtsweg vor die deutschen Gerichte überhaupt zulässig ist – in einem zweiten Schritt wäre dann erst zu entscheiden, ob die Dopingsperre seinerzeit rechtmäßig erfolgte.

Das OLG München entschied zuletzt pro Pechstein: Der Rechtsweg zu den deutschen Gerichten sei eröffnet. Auf die Einrede des zuvor durchgeführten Schiedsverfahrens vor dem CAS könne sich die ISU nicht berufen, da die zugrunde liegende Schiedsvereinbarung aufgrund des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung gem. § 19 GWB unwirksam sei. Der Missbrauch rühre daher, dass die Athleten zur Unterzeichnung der Schiedsabrede gezwungen würden, um an Wettbewerben wie einer WM teilnehmen zu können, gleichzeitig sei der internationale Sportgerichtshof aber aufgrund seiner Bestellmechanismen in der Mehrzahl mit verbandsnahen Mitgliedern besetzt. Hierdurch würden die Athleten benachteiligt, was die Schiedsabrede unwirksam macht.

Was hat der BGH entschieden?

Der BGH hat das Urteil des OLG München aufgehoben, da es kein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vorliege. Die verbandsnahe Besetzung des Schiedsrichtgerichts begründe nicht per se ein strukturelles Ungleichgewicht, da die Verbände und die Athleten sich nicht als von grundsätzlich gegensätzlichen Interessen geleitete Lager gegenüber stünden. Vielmehr entspreche die weltweite Bekämpfung des Dopings sowohl den Interessen der Verbände als auch denen der Athleten. Die mit einer einheitlichen internationalen Sportsgerichtsbarkeit verbundenen Vorteile, wie etwa einheitliche Maßstäbe und die Schnelligkeit der Entscheidung, erlangten nicht nur für die Verbände, sondern auch für die Sportler Geltung. Ein dennoch verbleibendes Übergewicht der Verbände werde durch die Verfahrensordnung des CAS, die eine hinreichende individuelle Unabhängigkeit und Neutralität der Schiedsrichter gewährleistet ausgeglichen. Eine Abwägung der beiderseitigen Interessen ergebe zudem, dass Claudia Pechstein die Schiedsvereinbarung freiwillig unterzeichnet habe.

Ausblick

Der Weg zur Erlangung eines Schadensersatzes scheint für Claudia Pechstein nach dem Urteil des BGH nicht nur steinig, sondern durch ganze Felsbrocken versperrt. Entsprechend wortlos verließ sie nach dessen Verkündung den Gerichtssaal. Ihr Anwalt Thomas Summerer verkündete dennoch dass „das letzte Wort“ noch nicht gesprochen sei. Der Gang vor das Bundesverfassungsgericht steht vermutlich als nächstes an, auch ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wird von den Pechstein-Vertretern diskutiert. Es bleibt also spannend in der Causa Claudia.

Anmerkungen im FOCUS

Unser Partner Dr. Sebastian J.M. Longrée hat das Urteil des BGH und seine Auswirkungen im FOCUS kommentiert.