Corona: Einführung Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld

Aufgrund der Corona-Pandemie und des damit einhergehenden Auftragsrückgangs bzw. der Schließung von Betrieben ist mit erheblichen wirtschaftlichen Beeinträchtigungen zu rechnen. Die Einführung von Kurzarbeit ist daher ein Mittel, welches Unternehmen in der Krise helfen kann, um die wirtschaftlichen Belastungen zu mindern. Allerdings ist bei der Anordnung von Kurzarbeit zwischen der arbeitsrechtlichen Einführung (dazu nachfolgend unter 1.) und der sozialversicherungsrechtlichen Förderung in Form von Kurzarbeitergeld, deren organisatorische Durchführung nach der Konzeption der einschlägigen Bestimmungen im SGB III erfolgt (dazu unter 2.), zu unterscheiden. Insbesondere zieht eine sozialversicherungsrechtliche Förderung nicht automatisch das Recht nach sich, Kurzarbeit arbeitsrechtlich einführen zu dürfen.

Im Einzelnen:

1. Voraussetzungen der Einführung von Kurzarbeit:

Unter Kurzarbeit versteht man das vorübergehende teilweise Ruhen der Arbeits- und Entgeltzahlungspflicht. Kurzarbeit kann nicht einseitig vom Arbeitgeber durch Ausübung des Direktionsrechts angeordnet werden, sondern bedarf einer kollektivrechtlichen (Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung) oder einzelvertraglichen Vereinbarung. In betriebsratslosen und tarifungebundenen Betrieben besteht daher keine einseitige Möglichkeit des Arbeitgebers, ohne Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer Kurzarbeit anzuordnen.

Falls es sich um einen Betrieb mit Betriebsrat handelt, ist hinsichtlich des Ob und Wie der Verkürzung der Arbeitszeit das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zu beachten. Im Gegenzug kann durch eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat ohne Rücksicht auf den Willen der Arbeitnehmer eine Änderung der Arbeitsverträge hinsichtlich der Arbeitszeit und der Lohnfortzahlungspflicht für die Dauer der Kurzarbeitsperiode durch eine förmliche Betriebsvereinbarung nach § 77 Abs. 2 BetrVG herbeigeführt werden.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die Einführung von Kurzarbeit mit entsprechender Entgeltminderung einer Rechtsgrundlage bedarf, die ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung (falls ein Betriebsrat gebildet wurde) oder eine einzelvertragliche Vereinbarung sein kann. In Einzelfällen kann auch eine Änderungskündigung in Betracht kommen.

Bei der jeweiligen Umsetzung sind wir Ihnen gern behilflich.

2. Sozialversicherungsrechtliche Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld

Aufgrund der in Deutschland angekommenen Corona-Pandemie haben der Bundestag und der Bundesrat am 13.03.2020 in einem Schnellverfahren ein Gesetz für eine Erleichterung beim Kurzarbeitergeld beschlossen, welches am 14.03.2020 verkündet und am 15.03.2020 in Kraft getreten ist. Hierdurch wird die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung erleichterte Anforderungen an den Bezug von Kurzarbeitergeld zu erlassen. Die Rechtsverordnung soll in den nächsten Tagen erlassen werden. Allerdings sollen die Erleichterungen nach aktuellen Veröffentlichungen rückwirkend zum 01. März 2020 in Kraft treten und Kurzarbeitergeld rückwirkend ausgezahlt werden. Die Anzeige des Arbeitsausfalls ist daher bereits jetzt möglich.

Kurzarbeitergeld wird von der Agentur für Arbeit bei einem erheblichen Arbeitsausfall gewährt. Die Voraussetzungen für die Zahlung von Kurzarbeitergeld sind in §§ 95 ff. SGB III geregelt. Der Arbeitsausfall ist gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 1 SGB III erheblich, wenn er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht. Dieser darf nur vorübergehend und nicht vermeidbar sein. In der Pressemitteilung vom 28.02.2020 hat die Bundesagentur für Arbeit darauf hingewiesen, dass Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist, dass die üblichen Arbeitszeiten vorübergehend wesentlich verringert sind, was beispielsweise der Fall sein kann, wenn aufgrund des Corona-Virus Lieferungen ausbleiben und dadurch die Arbeitszeit verringert werden muss oder staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass der Betrieb vorübergehend geschlossen wird. Daher können betroffene Beschäftigte Kurzarbeitergeld erhalten, wenn Unternehmen aufgrund der weltweiten Krankheitsfälle durch das Corona-Virus Kurzarbeit anordnen und es dadurch zu Entgeltausfällen kommt. Diese Leistungen müssen vom Arbeitgeber beantragt und die Kurzarbeit zuvor bei der zuständigen Agentur für Arbeit angezeigt werden. Da der Gesetzesentwurf der Bundesregierungen in der veröffentlichten Form ohne Änderungen verabschiedet wurde, wird es neue befristete Regelungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld geben.

Änderungen:

  • Zu den Änderungen gehört, dass ein Betrieb auch dann Kurzarbeit anmelden können soll, wenn Aufträge aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Entwicklungen ausbleiben und mindestens 10 % der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Dadurch wurde die Schwelle, die bisher bei einem Drittel der Belegschaft lag, auf 10 % der Beschäftigten herabgesetzt.
  • Eine weitere Erleichterung ist der Verzicht auf negative Arbeitszeitsalden. Vor Änderung der Rechtslage sollten Betriebe, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen genutzt wurden, verpflichtet werden, diese zunächst zur Vermeidung von Kurzarbeit einzusetzen und einen Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vorzunehmen. Durch die Änderung des Gesetzes wird auf die Verpflichtung des Aufbaus negativer Arbeitszeitsalden verzichtet, nur positive Arbeitszeitsalden müssen gegebenenfalls eingesetzt werden.
  • Weiterhin soll das Kurzarbeitergeld auch auf den Bereich der Leiharbeit erweitert werden.
  • Ein erheblicher Unterschied zur bisherigen „alten“ Gesetzeslage ist, dass Sozialversicherungsbeiträge erstattet werden sollen. Dadurch soll die Bundesagentur für Arbeit künftig die Sozialversicherungsbeiträge, die Arbeitgeber auch während der Kurzarbeit für ihre Beschäftigten zahlen müssen, vollständig erstatten.

 

Vermeidbarkeit des Arbeitsausfalls

Voraussetzung für die Gewährung von Kurzarbeitergeld ist u.a., dass der Arbeitsausfall unvermeidbar ist. Der Arbeitsausfall gilt jedoch als vermeidbar, wenn der Arbeitsausfall durch die Gewährung von Urlaub überbrückt werden kann. Daher ist zunächst Urlaub zu gewähren, soweit arbeitsrechtlich die Anordnung von Urlaub zulässig ist. Allerdings sind hier die Grenzen des Bundesurlaubsgesetzes, des Direktionsrechts des Arbeitgebers, Betriebs- oder Tarifvereinbarungen zu beachten. Für den Fall, dass der Urlaub für den Zeitraum, in welcher Kurzarbeit angeordnet werden soll, bereits beantragt und genehmigt wurde, geht dieser vor. Allerdings kann vom Arbeitgeber grundsätzlich nicht die Anordnung von Urlaub gegen die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer gefordert werden. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn noch übertragene Urlaubsansprüche aus dem vergangenen Kalenderjahr bestehen und abweichende Urlaubsansprüche nicht bestehen (Merkblatt Kurzarbeitergeld, Stand Januar 2020, S. 13f.).

Ein Arbeitszeitkonto und angespartes Arbeitszeitguthaben ist grundsätzlich vor Inanspruchnahme des Kurzarbeitergeldes abzubauen. Ob der Abbau von Überstunden angeordnet werden kann, richtet sich danach, ob es vertragliche Regelungen zum Abbau des Überstundenkontos gibt. Sofern vertraglich nichts Abweichendes geregelt ist, kann der Arbeitgeber einseitig den Abbau des Überstundenkontos anordnen, sodass ein Mitarbeiter dem Abbau des Guthabens nicht zustimmen oder auf sonstige Weise sein Einverständnis bekunden muss (LAG Hamm, Urteil vom 18.05.2017 – 18 Sa 1143/16). Wird der Abbau im Wege des Direktionsrechts angeordnet, sollte der Gleichbehandlungsgrundsatz beachtet und auf eine transparente Darstellung und eine nachvollziehbare Gleichbehandlung der Mitarbeiter geachtet werden. Eine Auflösung des Arbeitszeitguthabens kann jedoch nicht verlangt werden, wenn es nicht überwiegend zur („freien“) Verfügung der Arbeitnehmer steht, sondern zweckgebunden ist, § 96 Abs. 4 Satz 2 SGB III. Dies ist dann der Fall, wenn es:

  1. vertraglich ausschließlich zur Überbrückung von Arbeitsausfällen außerhalb der Schlechtwetterzeit (§ 101 Absatz 1) bestimmt ist und den Umfang von 50 Stunden nicht übersteigt,
  2. ausschließlich für die in § 7c Absatz 1 des Vierten Buches genannten Zwecke bestimmt ist (gesetzlich geregelte vollständige oder teilweise Freistellungen von der Arbeitsleistung oder gesetzlich geregelte Verringerungen der Arbeitszeit (Altersteilzeit, Pflege- und Elternzeit und für vertraglich vereinbarte Frühpensionierung bzw. Qualifizierung),
  3. zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld angespart worden ist und den Umfang von 150 Stunden nicht übersteigt,
  4. den Umfang von 10 Prozent der ohne Mehrarbeit geschuldeten Jahresarbeitszeit einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers übersteigt oder
  5. länger als ein Jahr unverändert bestanden hat („arbeitsrechtlicher Bestandsschutz“).

Wichtig ist, dass Betriebe, die aufgrund der Auswirkungen des Corona-Virus Kurzarbeitergeld beantragen, die Kurzarbeit zuvor schriftlich bei der zuständigen Agentur für Arbeit anzeigen. Diese prüft dann, ob die Voraussetzungen für die Leistung erfüllt sind. Da Kurzarbeitergeld frühestens von dem Kalendermonat an geleistet wird, in dem die Anzeige über den Ausfall beim Arbeitsamt eingegangen ist, sollte die Anzeige frühestmöglich erfolgen. In der Anzeige sind Angaben über den Umfang des Arbeitsausfalls (§ 96 SGB III) und die betrieblichen Voraussetzungen (§ 97 SGB III) glaubhaft zu machen. Hierfür stellt die Bundesagentur einen Vordruck zur Verfügung (bislang noch unter https://www.arbeitsagentur.de/datei/anzeige-kug101_ba013134.pdf abrufbar).

Das Kurzarbeitergeld muss darüber hinaus vom Arbeitgeber bei der Bundesagentur für Arbeit innerhalb der Ausschlussfrist von drei Kalendermonaten beantragt werden, § 325 Abs. 3 SGB III. Die Frist beginnt mit Ablauf des Monats, in dem die Tage liegen, für die die Leistungen beantragt werden. Der Antrag ist unter https://www.arbeitsagentur.de/datei/antrag-kug107_ba015344.pdf abrufbar. Hinweise zum Vordruck finden Sie unter https://www.arbeitsagentur.de/datei/hinweise-kurzarbeitergeld_ba014273.pdf.

Kurzarbeitergeld wird in der Höhe wie Arbeitslosengeld bezahlt und beträgt 67 bzw. 60 % der Differenz zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt, welches ohne Arbeitsausfall bezahlt worden wäre, und dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem tatsächlich erhaltenen Arbeitsentgelt.

Weitere Informationen zum Kurzarbeitergeld erhalten Sie auf der Internetseite der Bundesagentur für Arbeit unter https://www.arbeitsagentur.de/news/corona-virus-informationen-fuer-unternehmen-zum-kurzarbeitergeld und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales unter https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/kug-faq-kurzarbeit-und-qualifizierung.pdf?__blob=publicationFile&v=8.

Gern stehen wir Ihnen bei der Einführung von Kurzarbeit und bei Fragen zur Verfügung.