Corona: Gerichtsverhandlungen in Zeiten der Corona-Krise

Die Covid-19--Pandemie wirkt sich inzwischen spürbar auch auf den gerichtlichen Alltag aus. Im Rahmen gerichtlicher Verhandlungen trifft nicht selten eine Vielzahl von Personen – Richter, Parteien, Prozessbevollmächtigte, Zeugen, Sachverständige und Zuschauer – in einem Gerichtssaal aufeinander, was angesichts der rasanten Verbreitung des Virus für alle Beteiligten zu einer erhöhten Ansteckungsgefahr führt.

Gerichte in ganz Europa ergreifen unterschiedliche Schutzmaßnahmen. Besonders diskutiert wurde die Entscheidung des schweizerischen Bundesstrafgerichtes im Fifa-Fall. Hier wurde das Publikum kurzerhand von der Verhandlung ausgeschlossen, am Eingang die Temperatur alle Prozessbeteiligten und Journalisten gemessen sowie Erklärungen aller Beteiligter hinsichtlich bestehender Symptomfreiheit eingeholt.

Ein kompletter Ausschluss der Öffentlichkeit ist vor deutschen Gerichten allerdings nur in sehr engen Grenzen möglich und – angesichts weniger einschränkender Maßnahmen wie der Anordnung von Höchstteilnehmerzahlen, Handdesinfektion und Abstandsregelungen – wohl auch nicht durchsetzbar.

Auch in Deutschland sind, soweit die Termine noch nicht verlegt wurden, weitreichende Schutzmaßnahmen diskutiert worden. Am Amtsgericht Hagen ordnete ein Richter unlängst das Tragen von Atemschutzmasken an und drohte – im Falle des Verstoßes – sitzungspolizeiliche Maßnahmen an. Das Gerichtsverfassungsgesetz (genauer § 176 Abs. 2 S. 1 GVG) sieht allerdings u.a. ein Verbot vor, das Gesicht während der Sitzung ganz oder teilweise zu verhüllen. Dabei bezieht sich das Verbot nicht bloß auf religiös motivierte Verschleierungen, sondern explizit auf alle verhüllenden Textilien, zu denen der Gesetzgeber auch Masken und medizinisch notwendige Verbände zählt. Ausnahme können allerdings gestattet werden, soweit die Kenntlichmachung des Gesichtes weder zur Identitätsfeststellung noch zur Beweiswürdigung notwendig ist. Daher spricht nach Identitätsfeststellung (unter Einhaltung des Mindestabstandes) nichts gegen das Tragen von Atemmasken während der weiteren Verhandlung.

Die Corona-Krise wird sicherlich noch weitreichende prozessuale Fragen aufwerfen, die es zu bewältigen gilt. Auch der Gesetzgeber hat inzwischen reagiert und entsprechende Gesetzesänderungen beschlossen (vgl. etwa § 10 EG-StPO zur Hemmung der Unterbrechungsfristen wegen Infektionsschutzmaßnahmen). Es bleibt zu hoffen, dass die Krise schnell überwunden wird und die entsprechenden Ausnahmeregelungen nur für einen geringen Zeitraum eingreifen müssen. 

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