CSRD: Wie geht es weiter?

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der Europäischen Union regelt die Berichtspflichten von Unternehmen über Nachhaltigkeitsthemen neu und weitet diese Berichtspflichten zugleich deutlich aus. Die CSRD war durch die EU-Mitgliedstaaten spätestens bis zum 6. Juli 2024 in mitgliedstaatliches Recht umzusetzen. Die Bundesrepublik Deutschland hat diese Frist verstreichen lassen. Die Europäische Kommission hat deswegen im September 2024 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet.

Die Regierungskoalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP hat erst am 24. Juli 2024 einen Regierungsentwurf zur Umsetzung der CSRD vorgelegt, durch den die Rechnungslegungsvorschriften des Handelsgesetzbuchs hätten geändert werden sollen. Spätestens seit dem Ende der „Ampel-Koalition“ war abzusehen, dass das Gesetz nicht mehr in der laufenden Legislaturperiode verabschiedet werden würde.

Da börsennotierte, handelsbilanzrechtlich große Unternehmen (§ 267 HGB) mit durchschnittlich mehr als 500 Beschäftigten nach der CSRD bereits für ab dem 1. Januar 2024 beginnende Geschäftsjahre gemäß den Bestimmungen der CSRD über Nachhaltigkeitsthemen zu berichten haben, stellt sich für diese Unternehmen sowie für alle anderen Unternehmen, die in den nächsten Jahren der Berichtspflicht unterfallen werden, die Frage, wie sie die CSRD und deren verspätete Umsetzung in Deutschland in ihrem Jahresabschluss berücksichtigen sollen.

Aus rechtlicher Sicht gilt zunächst der Grundsatz, dass EU-Richtlinien wie die CSRD keine unmittelbare Anwendung finden, sondern der Umsetzung in mitgliedstaatliches Recht bedürfen (Art. 288 Abs. 3 AEUV). Zwar erkennt der Europäische Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung an, dass es von diesem Grundsatz Ausnahmen geben kann. Diese Ausnahmen finden in Bezug auf die CSRD aber keine Anwendung. Damit ist klar, dass die CSRD in Deutschland solange nicht anzuwenden ist, wie sie nicht in das deutsche Recht umgesetzt worden ist.

Viele Unternehmen haben sich allerdings schon auf die CSRD eingestellt. Sie fragen sich nun, ob sie ihren Jahresabschluss freiwillig entsprechend den Vorgaben der CSRD aufstellen und prüfen lassen können oder ob sie weiter nach dem derzeit noch geltenden Recht berichten müssen.

Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) hat sich zu dieser Frage in einem Mitgliederrundschreiben dahingehend positioniert, dass Unternehmen, die nach den bestehenden Regeln (§§ 289b ff., 315b ff. HGB) zur Abgabe einer nichtfinanziellen Erklärung verpflichtet sind, diese Regeln für das Geschäftsjahr 2024 weiter anzuwenden haben. Solange diese Regeln beachtet werden, sei es aber möglich, sich im Rahmen der Berichterstattung freiwillig an den strengeren Anforderungen der CSRD bzw. der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) zu orientieren. Eine Pflicht zur Prüfung der nichtfinanziellen Erklärung durch den Abschlussprüfer bestehe nicht, diese sei aber auf freiwilliger Basis möglich.

Und wie geht es nach der für den 23. Februar 2025 geplanten Bundestagswahl weiter? Kann ein künftiges Gesetz zur Umsetzung der CSRD in Deutschland rückwirkend auf den 1. Januar 2025 oder sogar auf frühere Berichtszeiträume zur Anwendung gelangen? Grundsätzlich hat der Gesetzgeber die Möglichkeit, Gesetze rückwirkend in Kraft zu setzen. Grenzen setzen ihm aber dabei das Rechtsstaatsprinzip und die Grundrechte (sogenanntes Rückwirkungsverbot): Das berechtigte Vertrauen der Bürger und Unternehmen auf die jeweils geltende Rechtslage hat der Gesetzgeber zu beachten. Das IDW geht in seinem Mitgliederrundschreiben davon aus, dass ein künftiges Gesetz zur Umsetzung der CSRD in Deutschland frühestens auf ab dem 1. Januar 2025 beginnende Geschäftsjahre angewendet werden kann.

Sollte noch innerhalb des Kalenderjahres 2025 ein Gesetz zur Umsetzung der CSRD in Deutschland in Kraft treten, ist schon mit Blick auf das von der EU-Kommission eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren damit zu rechnen, dass es rückwirkend ab dem 1. Januar 2025 gelten wird. Unternehmen, die absehbar zur Nachhaltigkeitsberichterstattung sein werden, sollten sich darauf schon jetzt einstellen.

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