Das Ende des Beurkundungstourismus

Mit Beschluss vom 22.01.2016 hat das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg einer in der Schweiz beurkundeten GmbH-Gründung wegen Ungleichwertigkeit des deutschen und des schweizerischen Beurkundungsverfahrens die Eintragung in das deutsche Handelsregister verweigert.

Hintergrund

Der Abschluss des Gesellschaftsvertrags einer GmbH bedarf nach deutschem Recht der notariellen Beurkundung. Das Beurkundungsverfahren folgt strengen Vorgaben und unterliegt einer gesetzlich geregelten Gebührenordnung, von der der beurkundende Notar nicht abweichen darf. In der Schweiz können die Notargebühren mit dem Notar individuell vereinbart werden.

Probleme des „Beurkundungstourismus“

Um die bei einer Beurkundung in Deutschland anfallenden Notarkosten zu sparen, hat sich ein sog. „Beurkundungstourismus“ entwickelt, dessen Zulässigkeit umstritten ist. Im Falle der Unwirksamkeit der Beurkundung ist das Rechtsgeschäft nichtig und muss rückabgewickelt werden.

Grundsätzlich ist eine Beurkundung durch einen ausländischen Notar möglich, sofern die ausländische Beurkundung der deutschen gleichwertig ist. Gleichwertigkeit ist gegeben, wenn die ausländische Urkundsperson eine dem deutschen Notar entsprechende Funktion ausübt und das Beurkundungsverfahrensrecht im Wesentlichen dem deutschen entspricht.

Inwieweit eine Beurkundung durch einen Schweizer Notar den deutschen Formvorschriften genügt, war bislang durch die Rechtsprechung nicht geklärt. Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg hat sich nunmehr ausdrücklich gegen die Wirksamkeit und damit gegen die Zulässigkeit eines Beurkundungstourismus ausgesprochen.

Fehlende Vergleichbarkeit der Beurkundungsverfahren

Das Gericht begründet seine Entscheidung gegen die Anerkennung einer in der Schweiz erfolgten Beurkundung damit, dass die notwendige Gleichwertigkeit des Verfahrensrechts nicht gegeben sei. Nach dem Recht im Kanton Bern müssten – anders als nach deutschem Recht - nicht zwingend alle Bestandteile einer Urkunde verlesen werden  (Art. 46 Abs. 1 der Notariatsverordnung). Dieses Defizit könne auch nicht durch eine freiwillige Vollverlesung durch den Notar ausgleichen werden. Es wäre nicht hinnehmbar, wenn bei jedem einzelnen Vorgang die deutschen Stellen prüfen müssten, ob ein dem deutschen Verfahrensrecht gleichwertiges Verfahren tatsächlich durchgeführt worden wäre.

Folgen für die Praxis

Angesichts des aktuellen Beschlusses des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg kann von einer Beurkundung im Ausland nur dringend abgeraten werden. Solange das Beurkundungsverfahren und die Stellung des Notars nicht vollumfänglich mit denen in Deutschland übereinstimmen, besteht das von den Vertragspartnern zu tragende Risiko der Unwirksamkeit der ausländischen Beurkundung, das in keinem Verhältnis steht zu dem erzielten Kostenvorteil steht.

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