Der BGH will's wissen: Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen

Der BGH hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) Fragen zur Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen in bilateralen Investitionsschutzabkommen zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union vorgelegt (Beschluss vom 3. März 2016 – I ZB 2/15). Der EuGH wird darüber zu entscheiden haben, ob das Unionsrecht einer Regelung entgegensteht, wonach der Investor eines Vertragsstaates bei einer Streitigkeit über Investitionen in dem anderen Vertragsstaat gegen diesen ein Schiedsverfahren einleiten darf.

Hintergrund

Im Ausgangsrechtsstreit begehrt die Slowakische Republik die Aufhebung eines Schiedsspruchs, den die Antragsgegnerin, eine niederländische Versicherungsgruppe, gegen sie erwirkt hat. Dem liegt ein Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen, sog. Bilateral Investment Treaty (BIT“), zugrunde, in dem die Parteien unter anderem vereinbarten, dass über Streitigkeiten zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Partei ein Schiedsgericht entscheiden solle. Die Antragstellerin rügt die Vereinbarkeit dieser Klausel mit geltendem Unionsrecht.

Bisherige Situation

Die Zulässigkeit einer entsprechenden Schiedsklausel ist bislang nicht geklärt. Nach Auffassung der Europäischen Kommission dürfen Schiedsgerichte nicht über Streitigkeiten zwischen Privaten und einem Mitgliedstaat aufgrund solcher Schiedsklauseln entscheiden. Die ausschließliche Entscheidungskompetenz liege beim EuGH.

Vorlagebeschluss des BGH

Der BGH hingegen spricht sich für die Wirksamkeit der Schiedsklauseln aus. Insbesondere stünde ihnen nicht Art. 344 AEUV entgegen, wonach Streitigkeiten über die Auslegung und Anwendung der Unionsverträge ausschließlich im Wege der dort vorgesehenen Verfahren zu regeln sind. Da die Unionsverträge gerade kein gerichtliches Verfahren vorsehen, in dem ein Investor Schadensersatzansprüche aus einem unionsinternen BIT gegen einen Mitgliedstaat geltend machen kann, sei dem EuGH hier keine vorrangige Kompetenz einzuräumen.

Eine Unvereinbarkeit der Schiedsklausel mit Art. 267 AEUV sei ebenfalls zu verneinen. Die einheitliche Auslegung des Unionsrechts, die diese Norm gewährleisten soll, kann laut BGH im Schiedsverfahren dadurch sichergestellt werden, dass staatliche Gerichte die Vereinbarkeit des Schiedsspruchs mit dem Unionsrecht überprüfen und bei Zweifeln über die Auslegung einer unionsrechtlichen Vorschrift die Sache dem EuGH vorgelegt werden könne.

Bedenken äußert der BGH einzig mit Blick auf Art. 18 Abs. 1 AEUV. Die Schiedsklausel könnte gegenüber Investoren anderer Mitgliedstaaten, die kein Schiedsgericht anrufen können, möglicherweise eine Diskriminierung im Sinne dieser Norm darstellen.

Ausblick

Wie der EuGH letztlich entscheiden wird, bleibt abzuwarten. Nicht zuletzt mit Blick auf die anhaltenden Diskussionen um das Freihandelsabkommen TTIP und der auch dort äußerst relevanten Problematik der Schiedsvereinbarungen werden die Staaten außerhalb der Europäischen Union die Grundsatzentscheidung des EuGH gleichermaßen mit Spannung erwarten.

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