Der Unternehmensgegenstand als Richtschnur für das gesetzliche Wettbewerbsverbot

A. Mag trocken klingen – die Formulierung des Unternehmensgegenstands

In fast jedem GmbH-Gesellschaftsvertrag ist der Unternehmensgegenstand eine der ersten Regelungen. Die Formulierung des Unternehmensgegenstands ist aber sicherlich nicht so weit vorne mit dabei, wenn es um die gesellschaftsvertraglichen Regelungen geht, die am meisten Aufmerksamkeit erhalten.

Mangels strenger ultra vires-Lehre und unmittelbarer Außenwirkung erhält die Formulierung des Unternehmensgegenstandes häufig nämlich nur wenig Beachtung. Stattdessen wird der Unternehmensgegenstand mitunter als Instrument gesehen, um den Markt über die eigene (reichlich ferne) Vision aufzuklären, oder schlicht als Werbetext verstanden. Das kann aber handfeste rechtliche Folgen aus mitunter unerwarteter Richtung haben – nämlich für die sachliche Reichweite eines den Geschäftsführer treffenden Wettbewerbsverbots.

B. Das gesetzliche Wettbewerbsverbot des Geschäftsführers

Jeden Geschäftsführer einer GmbH, auch den gleichzeitigen Gesellschafter dieser GmbH (solange er kein Allein-Gesellschafter ist), trifft grundsätzlich ein gesetzliches Wettbewerbsverbot. Er darf seiner GmbH weder durch unmittelbar eigene Tätigkeit noch über von ihm kontrollierte Gesellschaften Konkurrenz machen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob und wie daneben in seinem Anstellungsvertrag ein Wettbewerbsverbot geregelt ist.

Für das gesetzliche Verbot bestehen gute Gründe; denn die GmbH soll ihren Geschäftsführer möglichst für sich haben, ohne dass er in ihrem Geschäftszweig eigene wirtschaftliche Tätigkeiten entfaltet. Vor dem ansonsten unweigerlich drohenden Interessenkonflikt will das Wettbewerbsverbot schützen. Den Vorstand einer AG treffen aus ähnlichen Gründen sogar noch strengere Pflichten gemäß § 88 AktG.

Die Frage ist aber nun, was genau denn eigentlich unter einer konkurrierenden Tätigkeit des Geschäftsführers zu verstehen ist. Sind dies alle Tätigkeiten in einem Geschäftszweig, die auch die GmbH tatsächlich betreibt? Oder geht die Reichweite des Verbots deutlich weiter?

C. Der formale Unternehmensgegenstand bestimmt den Verbotsumfang

Hier kommt die Formulierung des gesellschaftsvertraglichen Unternehmensgegenstands der GmbH ins Spiel; denn zur Bestimmung einer für den Geschäftsführer verbotenen, im Wettbewerb mit der GmbH stehenden Tätigkeit soll es nicht nur auf den Umfang der tatsächlichen Tätigkeit der Gesellschaft ankommen. Stattdessen wird vornehmlich einem formalen und daher rechtssicheren Ansatz gefolgt: Der sachliche Umfang des gesetzlichen Wettbewerbsverbots bestimmt sich anhand der Formulierung des Unternehmensgegenstands. Sieht der Gesellschaftsvertrag einen sehr weiten Unternehmensgegenstand vor, soll das auch für das Wettbewerbsverbot gelten. Dabei spielt keine Rolle, ob die tatsächliche Geschäftstätigkeit der Gesellschaft deutlich hinter dem Text des Unternehmensgegenstands zurückbleibt.

Dagegen lässt sich natürlich einwenden, dass die GmbH in den Geschäftsbereichen, in denen sie selbst gar nicht tätig ist, auch kein Schutzbedürfnis hat. Hier kann man zusätzlich an das Grundrecht der Berufsfreiheit zugunsten des Geschäftsführers denken. All das streitet dafür, die Grenzen des Wettbewerbsverbots möglichst eng zu ziehen.

Diesen Argumenten wird aber ganz überwiegend nicht gefolgt. Stattdessen überwiegt der Gedanke eines umfassenden Schutzes der Gesellschaft vor Interessenkonflikten ihres Geschäftsführers. Daneben steht der Schutz der Entscheidungsprärogative der Gesellschafter; denn die Gesellschafter können ja stets entscheiden, die tatsächliche Tätigkeit der Gesellschaft im Rahmen des Unternehmensgegenstandes auszuweiten. In solch einem Fall wäre es jedoch mehr als misslich, wenn der eigene Geschäftsführer im geplanten neuen Geschäftsbereich schon selbst kräftig Geschäfte macht.

D. Befreiungsmöglichkeit und Folgen von Verstößen

Bei allzu weiten Formulierung des Unternehmensgegenstands mag aus Sicht des Geschäftsführers natürlich stets seine Befreiung vom Wettbewerbsverbot helfen. Befreien können ihn die Gesellschafter. Ein etwaiger Gesellschafter-Geschäftsführer ist dabei allerdings häufig mit einem Stimmverbot belegt und daher auf die Mitwirkung seiner Mitgesellschafter angewiesen, sollte eine solche Befreiung nicht bereits von Beginn an im Gesellschaftsvertrag verankert sein. Und als Fremdgeschäftsführer wird man sich kaum auf solch eine zukünftige Lösung verlassen wollen. Hier ist vielmehr das genaue Studium des Unternehmensgegenstandes angemahnt, bevor man sich in neue, eigene wirtschaftliche Abenteuer stürzt.

Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot sind nämlich durchaus schmerzhaft: Die GmbH kann von dem verbotswidrig tätigen Geschäftsführer Unterlassung verlangen. Ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen, kann sie auch Schadenersatz oder Erlösherausgabe hinsichtlich der unzulässigen Tätigkeiten des Geschäftsführers verlangen. Daneben dürfte ein Verstoß gegen das Verbot häufig einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags darstellen.

E. Conclusio

Auf den ersten Blick mag die Formulierung des gesellschaftsvertraglichen Unternehmensgegenstands also eine Angelegenheit sein, die selten praktisch relevant scheint. Doch mitunter können der Unternehmensgegenstand und seine Formulierung ungeahnte Auswirkungen auf den Umfang eines den (Gesellschafter-)Geschäftsführer treffenden Wettbewerbsverbots haben. Es kann sich daher lohnen einen zweiten, kritischen Blick auf die Formulierung des Gesellschaftsvertrags für den Unternehmensgegenstand zu werfen.

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