Die kollisionsrechtliche Einordnung von Schenkungen auf den Todesfall

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem Vorabentscheidungsverfahren (C-277/20) am 09.09.2021 entschieden, dass Schenkungen auf den Todesfall „Erbverträge“ i.S.d. EU-Erbrechtsverordnung (EuErbVO) sind und damit den Bestimmungen der EuErbVO unterfallen. Zwar seien Verträge über die unentgeltliche Zuwendung von Vermögenswerten vom Anwendungsbereich der EuErbVO generell ausgeschlossen, dies gelte jedoch nicht für Schenkungen, die erst mit dem Tod des Erblassers wirksam werden.

Entsprechend ist nunmehr klargestellt, dass sich die auf eine Schenkung auf den Todesfall anwendbaren Kollisionsvorschriften nicht nach der ROM-I-Verordnung, sondern nach der EuErbVO bestimmen und daher in grenzüberschreitenden Fällen das auf den Vertrag anwendbare Recht von den Vertragsparteien nicht frei wählbar ist.

Eine entsprechende Einordnung war vor allem deswegen fraglich, weil Art. 1 Abs. 2 lit. g EuErbVO „Rechte und Vermögenswerte, die auf andere Weise als durch Rechtsnachfolge von Todes wegen begründet und übertragen werden, wie unentgeltliche Zuwendungen“ vom Anwendungsbereich der EuErbVO ausschließt. 

Seine Entscheidung begründet der EuGH wie folgt: Der Begriff des Erbvertrages aus Art. 3 Abs. 1 lit. b EuErbVO sei weit gefasst und umfasse sämtliche Vereinbarungen mit Bezug zu einem künftigen Nachlass. Zudem sei es Ziel der EuErbVO, Nachlassspaltungen möglichst zu vermeiden und alle zivilrechtlichen Aspekte der Rechtsnachfolge von Todes wegen mit grenzüberschreitendem Bezug zu erfassen.

In einem zweiten Schritt hatte der EuGH sodann zu klären, ob die für den konkreten Vertrag getroffene Rechtswahl der Parteien zu Gunsten des österreichischen Rechts den Übergangsregelungen der EuErbVO unterfällt. Der EuGH entschied, dass die Übergangsklauseln der EuErbVO für Altverträge (Art. 83 Abs. 2 EuErbVO) hier nicht eingreifen, denn die Vorschriften bezüglich der Vornahme einer Rechtswahl bezögen sich nur auf den kompletten Nachlass, nicht jedoch auf einzelne Verträge.

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