Die Neuregelung der Zulassung reiner Wasserstoffnetze nach dem EnWG

In seinem Blogbeitrag vom 06.05.2021 hatte mein Kollege Dr. Johannes Schulte bereits planungs- und genehmigungsrechtliche Hemmnisse beim Aufbau einer „grünen“ Wasserstoffinfrastruktur hingewiesen und gesetzgeberische Regelungsdefizite aufgezeigt. Der bundesdeutsche Gesetzgeber hat inzwischen das rapide steigende öffentliche Interesse an der breiten Nutzung von Wasserstoff als technologischem Baustein der Energiewende erkannt. Er hat daraufhin reagiert und das Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht verabschiedet, das größtenteils am 27.07.2021 in Kraft getreten ist.

Für die umwelt- und planungsrechtliche Praxis von besonderer Bedeutung ist dabei die Integration der Regulierung der behördlichen Zulassung von Wasserstoffvorhaben in das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Die Einordnung in das bestehende Energiewirtschaftsrecht, das insbesondere bereits die Planung und behördliche Zulassung von Erdgasleitungen reguliert, dient dabei der Vermeidung rechtlicher Unsicherheiten und dadurch entstehender Verzögerungen. Der neu eingefügte § 43l Abs. 1 EnWG unterwirft Wasserstoffnetze dem bestehenden Begriff der Gasversorgungsleitung und erklärt somit die für diese geltenden Zulassungsvoraussetzungen für anwendbar. Dies stellt auch § 43l Abs. 2 S. 1 EnWG klar, wonach Errichtung, Betrieb und die Änderung von Wasserstoffleitungen mit einem Durchmesser von mehr als 300 Millimetern planfeststellungsbedürftig sind. Durch § 43l Abs. 2 S. 2 EnWG muss für Wasserstoffnetze unter den gleichen Voraussetzungen eine Umweltverträglichkeitsprüfung oder –vorprüfung durchgeführt werden, wie für sonstige Gasversorgungsleitungen (nämlich nach Nr. 19.2 der Anlage 1 zum UVPG).

Von besonderem Interesse dürfte auch der neue § 43l Abs. 4 EnWG sein, der die Umnutzung von Erdgasleitungen zum Transport von Wasserstoff betrifft. Diese wäre grundsätzlich nach § 43 Abs. 1 EnWG planfeststellungspflichtig. Durch die Neuregelung stellt der Gesetzgeber jedoch klar, dass eine solche Vorhabensänderung von der ursprünglichen Zulassung als Erdgasleitung umfasst ist. Sie bedarf lediglich noch der Anzeige gegenüber der zuständigen Behörde nach Maßgabe von § 43f Abs. 1 EnWG. Dies stellt eine spürbare Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens dar. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist dabei nach § 43l Abs. 4 S. 5 EnWG i.V.m § 43f Abs. 2 EnWG nicht erforderlich. Der Gesetzgeber geht hier davon aus, dass die Änderung des transportierten Mediums bei gleichbleibender Trasse und Leitungsdurchmesser keine zusätzliche Umweltbeeinträchtigung hervorrufen kann.

Der so geschaffene genehmigungsrechtliche Rahmen ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers nur ein erster Schritt und eine Übergangsregelung zur Ermöglichung des Ausbaus einer Wasserstoffinfrastruktur auf deutschem Boden. In den kommenden Jahren soll auf Grundlage der bis dahin gesammelten Erfahrungen und der zu erwartenden Vorgaben seitens der Europäischen Union die Rechtslage dann weiter angepasst werden.