Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Rahmen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung

Einführung

Der innergemeinschaftliche Handel spielt aufgrund der stetig vorantreibenden Globalisierung in den verschiedensten Branchen eine zunehmend bedeutende Rolle. Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer gemäß § 27a UStG ist faktisch keine materiell-rechtliche Voraussetzung einer Innergemeinschaftlichen Lieferung, für die Steuerfreiheit erlangt sie allerdings Bedeutung aufgrund des Erfordernis eines Beleg- und Buchnachweises (vgl. § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. §§ 17a ff. UStDV) sowie für die Steuerfreiheit aufgrund Vertrauensschutzes (vgl. § 6a Abs. 4 UStG).

Die Praxis zeigt, dass die Finanzbehörden die Steuerfreiheit versagen, sobald die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer hinsichtlich Vollständigkeit und Schlüssigkeit nicht positiv geprüft werden kann. Der EUGH hat mit Urteil vom 09.02.2017 Stellung zu der Frage bezogen, ob es zur Steuerfreiheit zwingend einer Umsatzsteuer- Identifikationsnummer bedarf.

I. Pflicht zur Überprüfung der Umsatzsteuer-ID Nummer

Dem Grundsatz nach erfolgt die Versteuerung einer Lieferung oder sonstigen Leistung dort, wo die Ware verbraucht wird oder die sonstige Leistung erbracht wird. Dies führt im Rahmen von innerdeutschen Lieferungen und Leistungen dazu, dass steuerbare Lieferungen und Leistungen umsatzsteuerpflichtig sind. Gemäß § 4 Nr. 1b i.V.m. § 6a UStG sind Exporte steuerfrei, soweit die gelieferte Ware tatsächlich ins Ausland verbracht wurde.

Erzielt der Leistende Umsätze aus Lieferungen in das EU-Ausland, müssen diese Umsätze im Rahmen seiner Umsatzsteuererklärung bzw. unterjährig im Rahmen einer Umsatzsteuervoranmeldung gemeldet werden. Hierzu muss in der Praxis die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Handelspartners angegeben werden. Handelt es sich um steuerfreie, innergemeinschaftliche Lieferungen werden diese im Rahmen einer sogenannten zusammenfassenden Meldung an das Finanzamt gemeldet. Hierbei wird jeder Umsatz mit einer entsprechenden Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Handelspartners angegeben. Aufgrund dieser angegebenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer wird es dem jeweiligen EU-Empfängerland ermöglicht, nachzuvollziehen, ob der jeweils betreffende Leistungsempfänger den Umsatz auch der notwendigen Besteuerung unterwirft. Wird eine ungültige oder fehlerhafte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer angegeben, wird die zusammenfassende Meldung als fehlerhaft ausgewiesen. Gelingt es dem Steuerpflichtigen nicht, eine gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer seines Handelspartners nachzuweisen, oder gelingt es alternativ nicht nachzuweisen, dass die Ware tatsächlich ins Ausland verbracht wurde, wird in der Praxis regelmäßig die Steuerfreiheit des Umsatzes versagt (vgl. Zinke/Schäfer, Energiehandel in Europa, 4. Auflage 2017 Rn. 72 ff.).

II. Nachweis einer Umsatzsteuer-ID Nummer als materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen

Der Nachweis einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers ist durch den BFH als nicht zwingende materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen eingeordnet worden (vgl. BFH Urteil vom 08.11.2007 - VR 72/05). Das Nichtvorliegen einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer führt auch nicht zur Realisierung einer Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 26a UStG (vgl. UStAE 14 a.1 Abs. 3 Satz 4).

Dass es sich bei der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer um keine zwingend materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen handelt, hat inzwischen auch der EUGH mit seinem Urteil vom 09.02.2017 in der Rechtssache C-21/16 nochmals bestätigt.

Der Gerichtshof stellt in seinem Urteil klar, dass weder in Art. 138 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie noch in der Rechtsprechung des Gerichtshofs unter den abschließend aufgezählten materiellen Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung die Verpflichtung des Erwerbers erwähnt wird, über eine Mehrwertsteueridentifikationsnummer zu verfügen (vgl. das Urteil des EUGH vom 09.02.2017, C-21/16 Rn. 29 ff.).

Die Verpflichtung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer lässt sich gemäß EUGH auch nicht aus der Bedingung ableiten, dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger sein muss, der als solcher in einem anderen Mitgliedsstaat als dem des Beginns der Versendung oder Beförderung der Gegenstände handelt.

Der EUGH stellt somit nochmals klar, dass es hinsichtlich den materiellen Voraussetzung der Mehrwertsteuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung weder einer Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer des Erwerbers für innergemeinschaftliche Umsätze bedarf, noch dass der Erwerber mit einer entsprechenden Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im MIAS (sog. MwSt-Informationsaustauschsystem) erfasst ist.

Wie sich zeigt, orientiert sich die Auffassung des BFH am europäischen Gemeinschaftsrecht. Danach handelt es sich wie vorliegend dargestellt bei der Umsatzsteuer- Identifikationsnummer lediglich um ein formelles Erfordernis der Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferung, nicht aber um eine materielle Voraussetzung, wie dies § 17c Abs. 1 UStDV verlangt.

Folglich darf die Finanzverwaltung die Steuerfreiheit selbst dann nicht versagen, sofern der Lieferant die Unternehmereigenschaft seines Kunden anhand anderer geeigneter Nachweise (z.B. durch Handelsregisterauszüge, Bestätigungen ausländischer staatlicher Stellen - wie z.B. dem ausländischen Finanzamt -, Handelskammerbescheinigung oder anderer ähnlicher Dokumente) erbringen kann.

Der Beitrag basiert auf einem Aufsatz in der Zeitschrift Praxis Internationale Steuerberatung (PIStB 06/2018, S. 159ff.) mit weitergehenden Hinweisen und Praxisbeispielen.

Weitere Artikel zum Thema