Droht RB Leipzig der Ausschluss aus dem Europapokal?
Das Engagement des österreichischen Getränkeherstellers RedBull im bezahlten Fußball ist unter Anhängern der Sportart derzeit wohl eines der umstrittensten und meist diskutierten Projekte, zuletzt sorgten in diesem Zusammenhang Ausschreitungen einiger Dortmunder Anhänger für Schlagzeilen.
Neben der Fußballmannschaft aus New York gehören RedBull aktuell noch die beiden in Europa spielenden Vereine aus Salzburg und Leipzig. Zuletzt machte insbesondere die Leipziger Vertretung – einst als Fünftligist gestartet – von sich reden, zunächst durch den Aufstieg in die 1. Bundesliga, inzwischen als einzig noch ernstzunehmender Verfolger des Serienmeisters aus München. Insbesondere die sportliche Qualifikation für die Teilnahme an der höchsten europäischen Spielklasse, der „UEFA Champions League“ ist im Bereich des Möglichen.
Am vergangenen Mittwoche wurden jedoch – offenbar aus Salzburg – erneut Gerüchte laut, nach denen die UEFA den Leipzigern einen Start im Europapokal trotz sportlicher Qualifikation im Sommer verweigern könnte. Möglich könnte dies eine Regelung im „Reglement der Uefa Champions League Zyklus 2015-18, Saison 2016/17“ der UEFA machen. Gem. Ziff. 4.01. d dieses Reglements ist es für die Zulassung zur Champions League nämlich u.a. notwendig, dass ein Verein die Regeln zur Wahrung der Integrität des Wettbewerbs einhält. In Ziff. 5.01 (der hierim Originalwortlaut nachgelesen werden kann) ist zusammenfassend bestimmt, dass zum Schutz der Integrität des Wettbewerbs (a) kein Verein direkt oder indirekt an einem anderen am Europapokalwettbewerb teilnehmenden Verein beteiligt sein, (b) niemand gleichzeitig an der Führung, der Verwaltung und/oder den sportlichen Leistungen von mehr als einem an einem Europokalwettbewerb teilnehmenden Verein beteiligt sein oder (c) keine natürliche oder juristische Person Kontrolle über oder Einfluss auf mehr als einen an einem Europapokalwettbewerb teilnehmenden Verein haben darf.
Insbesondere die unter (b) und (c) aufgeführten Punkte dürften für die Leipziger Brisanz bergen. Denn neben den Leipzigern schicken sich auch der zum RedBull-Konzern gehörende Club aus Salzburg an, sich für einen Europapokalwettbewerb zu qualifizieren. Sofern aber eine Kontrolle oder Einfluss durch RedBull auf Leipzig und Salzburg im Sinne des UEFA-Reglements vorläge, wäre gem. dessen Ziff. 5.02 nur eine der beiden kontrollierten Vereine zum Europapokalwettbewerb zuzulassen. Bei unveränderter Tabellenkonstellation wäre nach der Zulassungsregel in Ziff. 5.02 derzeit den Salzburgern der Vorzug zu gewähren, da diese als Tabellenführer der österreichischen Liga einen besseren Tabellenplatz aufweisen als die (zweitplatzierten) Leipziger in Deutschland – die unterschiedliche Größe der Liga bleibt nach den UEFA-Regularien dabei außer Betracht.
Es ist nicht das erste Mal, dass der sportliche Erfolg den Leipzigern – aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen – juristische Probleme bereitet. So wurde es nach dem Aufstieg in die 2. Liga u.a. zur Erlangung der Lizenz notwendig, die Fußballsparte des Vereins auszugliedern und den gängigen Namensbestandteil „RedBull“ durch „Rasenballsport“ zu ersetzen.
Nun stellt sich also die Frage nach der notwendigen Integrität. Die UEFA hat bereits verlautbaren lassen, dass sie eine Entscheidung diesbezüglich erst im Sommer, nach sportlicher Qualifikation, treffen könne. Obwohl RedBull Mehrheitsgesellschafter hinsichtlich der ausgegliederten Rasenballsport Leipzig GmbH als auch der FC Red Bull Salzburg GmbH ist, wird es für die Beantwortung der Frage, ob beide Fußballabteilungen von einer Person kontrolliert oder beeinflusst werden, entscheidend von deren inneren Verflechtungen abhängen.
Es steht zu erwarten, dass RedBull für den absehbaren Fall, dass sich sowohl Leipzig als auch Salzburg sportlich für den europäischen Pokalwettbewerb qualifizieren sollten, bis dahin möglichst Vorkehrungen treffen wird, um eine ausreichende „Entflechtung“ zu gewährleisten und somit den Bestimmungen der Ziff. 5.01 des UEFA-Reglements zu entsprechen. Vor diesem Hintergrund dürfte etwa bereits im Jahre 2015 die Abberufung von Ralf Rangnick als Sportdirektor und zwei Vorständen in Salzburg erfolgt sein – alle waren zuvor in Leipzig UND Salzburg in wichtigen Funktionen tätig. Auch verzichtete Red Bull im gleichen Jahr in Salzburg auf das Recht, Vorstände des Vereins zu bestellen, vermutlich um künftig mehr aus der faktischen Funktion eines Sponsors heraus zu agieren.
Die genauen Verhältnisse der beiden Clubs wird die UEFA, wie gesagt, vermutlich spätestens im Sommer einer genaueren Betrachtung unterziehen müssen. Für die UEFA stellt die Integrität des sportlichen Wettbewerbs ist ein fundamentales Prinzip dar, wie sie einst im schon im Falle des belgischen Keepers Thibaut Courtois durch Erteilung einer Spielgenehmigung entgegen der Abrede seines Vereins (näheres zum Fall hier) klargestellt hat. Die Diskussionen um Rasenballsport Leipzig dürften also auch im Sommer nicht unbedingt abebben; es bleibt spannend!