Ein Dauerbrenner: Muss der Arbeitnehmer unbillige Weisungen befolgen?

Kann der Arbeitnehmer angewiesen werden, ab nächster Woche seine Tätigkeit in einem anderen Betrieb zu erbringen, der von seinem bisherigen Arbeitsplatz 500 km entfernt liegt? Grundsätzlich ja. Jedenfalls solange bis ein Gericht diese Entscheidung rechtskräftig kassiert. Das Landesarbeitsgericht Hamm sieht das nun anders.

Weisungsrecht/Direktionsrecht

Das Direktionsrecht ist das „Königsrecht des Arbeitgebers“. Ohne Direktionsrecht kein Arbeitsverhältnis. Nur so kann der Arbeitgeber Art, Ort und Verteilung der Arbeitszeit auf einzelne Wochentage einseitig festlegen. Zusätzlich muss jede Weisung „billigem Ermessen“ entsprechen (§ 106 GewO). Das bedeutet: Der Arbeitgeber muss seine Interessen an der Durchführung der Weisung mit den Interessen des Arbeitnehmers (u.a. familiäre Verhältnisse) abwägen.

Paukenschlag des Bundesarbeitsgerichts

Mit einer für erhebliche Unruhe sorgenden Entscheidung hatte das BAG am 22. Februar 2012 (5 AZR 249/11) entschieden, dass ein Arbeitnehmer generell unbillige Weisungen solange zu verfolgen hat, bis ihm die Unbilligkeit der Weisung rechtskräftig bestätigt wurde. Das kann mitunter mehrere Monate dauern.

Bisherige Konsequenz dieser Entscheidung

Lästigen Arbeitnehmern erteilt der Arbeitgeber eine zwar unbillige, aber nicht aus anderen Gründen unwirksame Weisung. Da das Weisungsrecht grundsätzlich bundesweit gilt, wird der Arbeitnehmer z.B. in einen weit entfernten Betrieb versetzt. Befolgt er die Weisung nicht, wird er abgemahnt und erhält sodann eine Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung. Folgt man dem BAG, hätte der Arbeitnehmer die Weisung zunächst befolgen und ihre Billigkeit gerichtlich klären lassen müssen. Bis dahin muss er den neu zugewiesenen Arbeitsplatz antreten.

Widerspruch des LAG Hamm

Das sieht das LAG Hamm nun anders. In seinem Urteil vom 17. März 2016 (17 Sa 1660/15) hat es entschieden, dass der Arbeitnehmer einer lediglich unbilligen Weisung nicht bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Billigkeit der Weisung folgen muss. Der Arbeitgeber ist daher nicht berechtigt, wegen der Weigerung, die Weisung zu befolgen, eine Abmahnung zu erteilen und eine Kündigung auszusprechen.

Und jetzt?

Die Entscheidung des LAG Hamm ist noch nicht rechtskräftig. Da das Urteil der Rechtsprechung des BAG widerspricht, wurde die Revision zugelassen. Das BAG wird sich dem Thema noch einmal annehmen müssen.

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