Ein Jahr gesetzlicher Mindestlohn – 8,50 € pro Stunde oder letztlich doch mehr?

Seit dem 01.01.2015 gilt der gesetzliche Mindestlohn. Statt Klarheit haben sich sehr schnell viele Fragen aufgetan. Eine davon lautet: „Aus welchen Entgeltkomponenten setzt sich der Mindestlohn zusammen?“ oder anders: „Welche Entgeltkomponenten müssen zusätzlich zum Mindestlohn gezahlt werden und sind damit grade nicht Bestandteil des Mindestlohns?“.

Die Fragestellung

Der gesetzliche Mindestlohn beträgt derzeit 8,50 € brutto pro Stunde. Bei einer üblichen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden beläuft er sich also auf ca. 1.475,00 € brutto im Monat. Dennoch kann es sein, dass ein Arbeitgeber, der genau diese 1.475,00 € brutto pro Monat an seinen Arbeitnehmer zahlt, die Vorgaben des Mindestlohngesetzes nicht erfüllt. Dies ist dann der Fall, wenn der Gesamtlohn Entgeltkomponenten enthält, die eigentlich zusätzlich zum Mindestlohn von 8,50 € brutto zu zahlen wären. Welche Komponenten aber hierunter fallen, lässt das sehr kurze, nur aus 24 Paragrafen bestehende Mindestlohngesetz allerdings offen. Einiges kann von der Handhabung anderer Gesetze sowie tarifvertraglicher Mindestlöhne abgeleitet werden. Vieles wird aber noch zu klären sein. Eine grobe Richtlinie lässt sich allerdings schon absehen.

Zusätzlich zum Mindestlohn zu gewährende Entgeltbestandteile

Es gilt, dass Entgeltkomponenten, die nicht nur die „Normalleistung“ des Arbeitnehmers abgelten sollen, nicht auf diesen anzurechnen, sondern vielmehr zusätzlich zum Mindestlohn zu vergüten sind. Hierbei handelt es sich vornehmlich um die Vergütung für Überstunden sowie Überstundenzuschläge, für Leistungen, die über die vereinbarte Arbeitszeit hinausgehen. Das Gleiche gilt für Erschwerniszulagen wie beispielsweise Sonntags- und Nacharbeitszuschläge sowie für Qualitätsprämien, die prämieren sollen, dass das Arbeitsergebnis über dem Normalmaß liegt. Auch die nach wie vor beliebte vermögenswirksame Leistung darf nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden.

In den Mindestlohn Einfließende Entgeltbestandteile

Nach der beschriebenen Prämisse dürfen dagegen solche Entgeltkomponenten auf den Mindestlohn angerechnet werden, die eine Gegenleistung für die „normale“ Arbeitsleistung darstellen. Dies sind beispielsweise Wegegelder (nicht Zahlungen zum Ausgleich der Fahrzeugnutzung!), mit denen die Zeit der Zurücklegung eines Weges vergütet werden soll. Bei entsprechender arbeitsvertraglicher Regelung sind auch Trinkgelder anrechenbar. Das Gleiche kann auch für Einmalzahlungen gelten, wobei es hierbei auf die konkrete Ausgestaltung sowie den Sinn dieser Zahlung im Einzelfall ankommt. Gerade in diesem Punkt, der wegen der Gewährung von durchaus üblichen Urlaubs- und Weihnachtsgeldern in der Praxis nicht selten entscheidend sein dürfte, besteht derzeit leider am wenigsten Klarheit.

Fazit

Auch wenn Vieles noch nicht abschließend geklärt ist, hat sich nach einem Jahr dennoch zumindest in der arbeitsrechtlichen Literatur eine gewisse Leitlinie entwickelt. Ob die Rechtsprechung diese allerdings auch so sehen und entsprechende Entscheidungen absetzen wird, bleibt abzuwarten. Bereits jetzt ist es aber möglich, durch gewisse Weichenstellungen die rechtlichen Risiken zu minimieren.

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