Eine Baulast ersetzt kein Wegerecht

Mit Urteil vom 25. Januar 2025 (V ZR 51/24) hat der BGH eine wichtige Entscheidung zum Verhältnis zwischen Baulast und Wegerecht getroffen und zugleich die Voraussetzungen für ein Notwegerecht gem. § 917 BGB geschärft.

Der Sachverhalt ist recht typisch: Ein Grundstückseigentümer hat auf seinem Grundstück ein Haus, das an einer Straße liegt. Auf der Rückseite des Hauses gibt es Garagen, die nur über einen Weg über das Nachbargrundstück zu erreichen sind. Eine Wegegrunddienstbarkeit ist auf dem Grundstück des Nachbarn nicht eingetragen. Allerdings ist das Grundstück mit einer Baulast belastet, konkret mit einer Überfahrbaulast zur Gewährung der Zufahrt zum Grundstück des Klägers. Irgendwann wurde der Weg unpassierbar: einerseits war er kaputt und zudem hatte der Nachbar dort Sachen abgelagert. Der Kläger wollte nun die Instandsetzung des Weges und Entfernung der Hindernisse im Klagewege erreichen. Damit ist er in drei Instanzen gescheitert.

Zunächst hat der BGH festgestellt, dass ein Notwegerecht und § 917 BGB nicht bestehe. Das wäre nur gegeben, wenn das Grundstück von der öffentlichen Straße aus nicht zu erreichen sei. Hier könne zwar der Garagenhof von der Straße aus nicht erreicht werden, aber das Wohnhausgrundstück an sich schon. Der Eigentümer könne die Fahrzeuge auf der Straße parken und von dort auch zum Haus gelangen. Damit wäre die ordnungsgemäße Benutzung des Grundstücks als Wohngrundstück gesichert und folglich keinen Grund gegeben, ein Notwegerecht zu gewähren. Dabei hat der BGH klargestellt, dass es nicht darauf ankomme, wie der konkrete Eigentümer sein Grundstück nutzen will, sondern allein darauf, ob objektiv die konkrete Grundstücksnutzung ohne Notweg möglich ist. Für eine Wohnnutzung sei die Erreichbarkeit der Garagen nicht erforderlich. Daran würde sich auch nichts ändern, dass die Garagen baurechtlich genehmigt seien. In dem Zusammenhang stellte der BGH zu einer älteren Entscheidung aus 2021 (V ZR 262/20) nebenbei klar, dass seine seinerzeitige Aussage, dass es bei ungenehmigten Bauten kein Notwegerecht geben könne, im Umkehrschluss nicht bedeute, dass bei baurechtlich genehmigten Bauten stets ein Notwegerecht geltend gemacht werden könne. Die ordnungsgemäße Genehmigung sei nur eine notwendige, aber noch keine hinreichende Voraussetzung für ein Notwegerecht.

Immerhin stellt der BGH aber auch klar, dass bei einer gewerblichen Nutzung die Sache möglicherweise anders sei, dann könne die Erreichbarkeit durch Fahrzeuge objektiv eine andere Bedeutung haben.

Der Kläger könne auch aus der Überfahrbaulast auf dem anderen Grundstück kein Recht auf Wegenutzung ableiten. Denn – und hier ist der BGH eindeutig – eine Baulast gewähre keine zivilrechtlichen Ansprüche. Die Baulast sei eben nur eine öffentlich-rechtliche Baubeschränkung des belasteten Grundstücks.

Aus einigen OLG-Entscheidungen aus jüngerer Zeit (insbesondere OLG Hamm vom 06.07.2017 – 5 U 152/16) wurde teilweise etwas anderes gefolgert. In diesen Entscheidungen klagte nicht der Nachbar auf Wegenutzung, sondern der Eigentümer auf Unterlassung. Dazu hatten die Oberlandesgerichte zum Teil vertreten, dass der Eigentümer den Unterlassungsanspruch wegen Treu und Glauben nicht gelten machen könne, wenn er zuvor eine Baulast hat eintragen lassen. Mit dieser Frage musste sich der BGH hier wegen der anderen Konstellation konkret nicht auseinandersetzen, hätte sich also dazu gar nicht äußern müssen, doch er sah es wohl als notwendig an, seine Position zumindest anzudeuten, indem er die Richtigkeit dieser Entscheidungen als „zweifelhaft“ bezeichnet. Die abweichenden Entscheidungen einiger OLG´s dürften sich damit ebenfalls überholt haben.

Mit der aktuellen Entscheidung des BGH ist jetzt also klar: Eine Überfahrbaulast, die von den Baubehörden regelmäßig gefordert wird, um die Bebaubarkeit des Nachbargrundstücks zu ermöglichen, hilft dem Nachbar nicht, er braucht neben der Baulast zwingend auch eine entsprechende Grunddienstbarkeit, will er sicher sein, dass er sein Grundstück in der erhofften Art und Weise sicher erreichen kann.