Fallstrick betriebliches Eingliederungsmanagement

Gemäß eines Berichtes des Instituts der Deutschen Wirtschaft vom 13.01.2020 haben Arbeitgeber in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2018 insgesamt knapp 62 Mrd. € an Entgeltfortzahlungskosten bei Krankheit geleistet. Immer wieder werden Arbeitgeber auch mit Mitarbeiterin konfrontiert, die weit überdurchschnittlich häufig für einen kurzen Zeitraum erkranken und damit hohe Entgeltfortzahlungskosten hervorrufen oder die über einen sehr langen Zeitraum durchgängig arbeitsunfähig sind. Möchte der Arbeitgeber in diesen Fällen eine krankheitsbedingte Kündigung aussprechen, kommt er an der Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (sog. BEM; § 167 Abs. 2 SGB IX) nicht vorbei. Es besteht eine Pflicht der Arbeitgeber, bei Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, ein BEM durchzuführen. Bei einer krankheitsbedingten Kündigung kommt dem BEM eine ganz besondere Bedeutung zu, da die Kündigung bei der nicht oder nicht ordnungsgemäßen Durchführung praktisch gerichtlich nicht durchsetzbar ist.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat die Anforderungen noch einmal höher gesetzt. Sowohl aus Sicht des Kündigenden als auch aus Sicht des Arbeitgebers, der aufgrund der gesetzlichen Forderungen ein ordnungsgemäßes BEM durchführen möchte, bedarf es einer Änderung der internen Prozesse. Das Landesarbeitsgericht hat, wie auch einige weitere Landesarbeitsgerichte, entschieden, dass ein BEM immer dann durchzuführen ist, wenn die gesetzlich vorgeschriebenen sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit am Stück oder zusammengerechnet seit dem letzten BEM erreicht werden. Wird mit einem Mitarbeiter beispielsweise ein BEM durchgeführt und ist dieser im Anschluss weitere sechs Wochen durchgehend erkrankt, muss theoretisch sofort ein weiteres BEM durchgeführt werden. Gleiches gilt für den Fall, dass mit dem Mitarbeiter ein BEM durchgeführt wird und dieser beispielsweise innerhalb von fünf Monaten zusammengerechnet weitere sechs Wochen arbeitsunfähig ist. Auch dann muss ein weiteres BEM durchgeführt werden. Es ist jedoch abzuwarten, ob sich das Bundesarbeitsgericht der strikten Auslegung der Vorschrift zum BEM anschließen wird.

Empfehlung für die Praxis

Die besondere Bedeutung des BEM liegt bei der krankheitsbedingten Kündigung. Wenn sich ein Arbeitgeber entscheidet, eine krankheitsbedingte Kündigung auszusprechen, muss dieser besonders genau prüfen, ob ein (gegebenenfalls weiteres) BEM durchzuführen ist. Hat erst vor Kurzem ein BEM stattgefunden, muss der Arbeitgeber sich anschauen, ob seit diesem BEM erneut sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit (am Stück oder zusammengerechnet) vorliegen. Ist dies der Fall, muss er vor Ausspruch der krankheitsbedingten Kündigung ein weiteres BEM (sinnvoll oder nicht) zumindest anbieten. Bei der Einladung zum BEM hat er insbesondere die sehr hohen Anforderungen an das Einladungsschreiben zu wahren. Erst dann kommt eine krankheitsbedingte Kündigung in Betracht. Der Arbeitgeber ist daher gut beraten, wenn er das BEM im Zweifel einmal zu viel als zu wenig durchführt.