In dem vorherigen Blockbeitrag (Familienstiftungen Teil 1 – Steuerklassenprivileg vs. Erbersatzsteuer – was wird fallen?!) ging es bereits um das Steuerklassenprivileg bei den Familienstiftungen. Dazu gibt es aber auch noch eine weitere wichtige Entwicklung.
Die Übertragung von Vermögen im Zuge der Errichtung einer Familienstiftung auf die Familienstiftung ist Schenkung i. S. d. ErbStG. Grundsätzlich müsste sich die Höhe der Steuer hier nach dem Verhältnis zwischen Stifter und Stiftung richten. Dann wäre die Steuerklasse III mit hohen Steuersätzen und geringen Freibeträgen (min. 30 %, 20.000,00 EUR Freibetrag) maßgeblich. Für die erstmalige Kapitalausstattung einer Familienstiftung nach § 15 Abs. 2 ErbStG gibt es eine wichtige Ausnahme - das sog. Steuerklassenprivileg. Danach ist für die Besteuerung nicht das reale Verhältnis zwischen dem Stifter und der Stiftung, sondern das fiktive „Verwandtschaftsverhältnis“ zwischen dem Stifter und dem nach der Satzung entferntesten Berechtigten maßgeblich. Das gilt nach der Rechtsprechung des BFH auch für noch nicht geborene Begünstigte – selbst wenn unsicher ist, ob sie jemals geboren werden. Soll die Stiftung also z.B. nur die Ehefrau und die (unmittelbaren) Kinder fördern, wäre maßgeblich die Steuerklasse I mit Steuersätzen ab 7 % und einem (einmaligen) Freibetrag von 400.000,00 EUR. Soweit so gut.
Stifter machen sich aber auch Gedanken – gerade in der heutigen Zeit mit Kleinstfamilien – was mit dem Vermögen passieren soll, wenn die Familie ausstirbt. Dass es Abkömmlinge bis in alle Ewigkeiten geben wird, ist heute keineswegs sicher. Viele Stifter möchten, dass in diesem Fall das Vermögen an eine gemeinnützige Stiftung fällt, damit das Vermögen dann noch etwas Gutes tut.
Die Finanzverwaltung richtet in solchen Fällen dann aber den Blick zur Bestimmung des entfernest Berechtigten nicht mehr auf die während der Lebenszeit der Stiftung begünstigten Familienmitglieder, sondern auf die am Ende anfallsberechtigte Stiftung. Zu dieser besteht schenkungsteuerrechtlich aber ein schlechtes Verhältnis, nämlich Steuerklasse III. Dies hält die Finanzverwaltung gleichwohl für maßgeblich, sodass der gute Gedanke des Stifters fatale steuerliche Folgen haben kann.
Gegen diese Ansicht der Finanzverwaltung hat sich eine im Jahr 2021 errichtete Familienstiftung (Steuerschuldner-in) klageweise gewehrt. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 27.09.2024 – 4 K 1138/24) sah es ebenso wie die Stiftung, dass der Blick auf den Anfallsberechtigten für die Ermittlung der Steuerhöhe bei Errichtung nicht maßgeblich sei. Es sei unbeachtlich, welche Personen im Fall der Auflösung der Stiftung als Anfallsberechtigte das Restvermögen erhalten sollen. Das Finanzgericht begründet dies damit, dass die Besteuerung bei Errichtung der Stiftung in § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG gesondert und unabhängig von der Besteuerung des Anfallberechtigten bei Auflösung der Stiftung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG vom Gesetzgeber geregelt worden sei. Damit seien beide Fälle auch voneinander klar zu trennen und der Anfallsberechtigte spiele daher keine Rolle bei der Ermittlung des entferntesten Berechtigten bei Errichtung der Stiftung. Die Bestimmung eines Anfallsberechtigten könne der Stiftung im Zusammenhang mit der Besteuerung der Errichtung nicht zum Nachteil gereichen.
Das ergebe sich zudem noch aus einer Kontrollüberlegung: Selbst wenn der Stifter gar nichts über den Anfall bei Auflösung in der Satzung geregelt hätte, müsste es nach der Logik der Finanzverwaltung zur Anwendung der Steuerklasse III kommen, da von Gesetzes wegen dann der Fiskus (also das jeweilige Bundesland) der Anfallsberechtigte wäre und auch hier würde sich dann die Steuerklasse III ergeben. Das wäre also dann zwangsläufig immer so, was vom Gesetzgeber natürlich nicht gewollt sei.
Wegen der Bedeutung der Sache ließ das Finanzgericht die Revision zu, die von der Finanzverwaltung zwischenzeitlich auch eingelegt worden ist. Das Verfahren wird beim BFH unter dem Az. II R 33/24 geführt.
Aber was macht man in der Zwischenzeit, bis Klarheit besteht?
Da nicht sicher ist, wie der BFH entscheiden wird, muss man weiterhin vorsichtig sein. Wenn der Stifter in jedem Fall will, dass gemeinnützige Zwecke verfolgt werden, so könnte man beispielsweise vorsehen, dass es gar nicht zur Auflösung der Stiftung kommt. Beim Tod des letzten begünstigen Familienmitgliedes darf der Vorstand die Satzung hinsichtlich des Zwecks so abändern, dass die Stiftung fortan gemeinnützige Zwecke verfolgt. Eine solche Satzungsänderung stellt zwar schenkungsteuerrechtlich eine Stiftungsneuerrichtung dar. Da allerdings die (fiktive) neue Stiftung als gemeinnützige Stiftung steuerlich privilegiert wäre, würde keine Steuer bei dieser fiktiven Neuerrichtung anfallen. Im Übrigen zeigt auch dieser Weg, dass die Ansicht der Finanzverwaltung nicht tragfähig ist. Denn warum sollte es für die Besteuerung bei Errichtung einen wesentlichen Unterschied ausmachen, ob die Stiftung dann nach Satzungsänderung selbst bestimmte gemeinnützige Zwecke verfolgt oder ob das Vermögen auf eine – gegebenenfalls sogar zweckidentische – andere gemeinnützige Körperschaft übertragen wird?
Es bleibt zu hoffen, dass der BFH sich der klugen Ansicht des FG Rheinland-Pfalz anschließt.