Formwechsel über die Grenze – Funktioniert auch ohne gesetzliche Grundlage

In einer aktuellen, von unserer Kanzlei betreuten Transaktion haben wir erfolgreich den Sitz einer in Belgien ansässigen Aktiengesellschaft (Naamloze Vennootschap - N.V.) nach Deutschland verlegt und der Gesellschaft gleichzeitig die Rechtsform einer GmbH gegeben. Die Eintragung in das Handelsregister des Amtsgerichts Essen erfolgte reibungslos innerhalb weniger Arbeitstage nach Stellung des Eintragungsantrags. Auch die Zusammenarbeit mit den Beratern, Notaren und dem Registergericht in Belgien gestaltete sich störungsfrei.

Die Zulässigkeit eines identitätswahrenden grenzüberschreitenden Formwechsels war lange Zeit ungeklärt. Dem steht ein hohes Bedürfnis in der Praxis gegenüber, den Unternehmenssitz innerhalb der Europäischen Union zu verlegen. Das Umwandlungsgesetz, welches nach § 1 Abs. 2 grundsätzlich abschließend ist, enthält im Gegensatz zur grenzüberschreitenden Verschmelzung (§§ 122a ff. UmwG) keine Regelungen zu einem grenzüberschreitenden Formwechsel. Bei der jüngsten Novelle des UmwG wurden zwar Normen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung von Personengesellschaften ergänzt. Die Sitzverlegung von einem Mitgliedsstaat in den anderen blieb unverständlicher Weise weiterhin ungeregelt. Auch im europäischen Sekundärrecht finden sich bislang keine Kodifizierungen.

Mit dem Vale-Urteil vom 12.07.2012 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass aufgrund der Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV) innerhalb Europas ein Formwechsel einer Gesellschaft nach dem Recht des einen Mitgliedstaates in eine Gesellschaft eines anderen Mitgliedstaates möglich sein muss, wenn gleichartige Formwechsel auch innerstaatlich möglich sind. Daran anschließend erachteten auch einige deutsche Gerichte trotz des Fehlens gesetzlicher Regelungen einen solchen grenzüberschreitenden Formwechsel für zulässig.

In diesen Entscheidungen ging es bislang jedoch stets um sogenannte kongruente grenzüberschreitende Formwechsel, bei denen vergleichbare Gesellschaftsformen betroffen waren (beispielsweise Formwechsel einer der GmbH entsprechenden Gesellschaft ausländischen Rechts in eine GmbH nach deutschem Recht).

Die aktuell von uns erfolgreich begleitete Konstellation zeigt, dass auch inkongruente grenzüberschreitende Formwechsel innerhalb der EU möglich sind. Bei sorgfältiger Vorbereitung und Durchführung müssen Unternehmen vor einer solchen Transaktion nicht zurückschrecken. Neben der guten Vorbereitung ist insbesondere eine professionelle Zusammenarbeit mit den jeweils einzuschaltenden ausländischen Rechtsanwälten und Notaren von essentieller Bedeutung. Sofern auch Sie die Verlegung des Sitzes über europäische einen grenzüberschreitenden Formwechsel planen oder die dafür erforderlichen Voraussetzungen einmal näher erörtern möchten, können Sie sich gern an uns wenden. Wir wissen, wie's geht.

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