Wie bereits im Beitrag vom 04.05.2017 aufgezeigt wurde, kann ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein rechtsgeschäftlich Bevollmächtigter vornimmt, unwirksam sein, wenn dieses unverzüglich zurückgewiesen wird. Entscheidend für die Unwirksamkeit des vorgenommenen einseitigen Rechtsgeschäfts ist, ob die Zurückweisung desselbigen innerhalb eines bestimmten Zeitraums (7-10 Tage) erfolgt. Darüber hinaus müssen jedoch weitere praktische und rechtliche Erwägungen berücksichtigt werden:
ZURÜCKWEISUNG MITTELS FAX
Da die Zurückweisung im Sinne des § 174 BGB keiner Schriftform bedarf, könnte sie z. B. auch mittels Zusendung eines Faxes erfolgen. Problematisch könnte insofern allerdings der Umstand sein, dass der Zurückweisung – die selber ein einseitiges Rechtsgeschäft darstellt – das Original einer Vollmachtsurkunde beigefügt sein müsste, wenn sie ihrerseits durch einen rechtsgeschäftlich Bevollmächtigten vorgenommen wird, da sie ansonsten ebenfalls zurückgewiesen werden könnte. In diesem Fall würde sich die Zurückweisung mittels Fax verbieten und es müsste auf eine anderweitige Möglichkeit einer schnellen Zugangsbewirkung (z. B. per Express-Kurier) zurückgegriffen werden.
AUSSCHLUSS DER ZURÜCKWEISUNG WEGEN KENNTNIS
In diesem Zusammenhang muss jedoch die Regelung des § 174 S. 2 BGB beachtet werden, wonach eine Zurückweisung ausgeschlossen ist, wenn der Vollmachtgeber den Geschäftspartner von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte. War dem Geschäftsgegner im Zeitpunkt der Vornahme des einseitigen Rechtsgeschäfts der Umstand der Bevollmächtigung bekannt, darf bzw. kann er das einseitige Rechtsgeschäft nicht zurückweisen. Dies gilt sowohl für den Geschäftspartner, dem gegenüber das einseitige Rechtsgeschäft ausgesprochen wird (z. B. die Kündigung eines Vertrages), als umgekehrt auch gegenüber demjenigen, dem gegenüber die Zurückweisung der Kündigung erklärt wird. In beiden Fällen ist die Zurückweisung des durch einen rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigten vorgenommenen einseitigen Rechtsgeschäfts ausgeschlossen, sobald Kenntnis von dem Umstand der Bevollmächtigung besteht.
In Kenntnis gesetzt wird der andere durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung, ggf. auch durch eine besondere Mitteilung von der Bevollmächtigung (BeckOK-BGB/Schäfer, 41. Ed. v. 01.11.2016, § 174 BGB, Rn. 12). Gemäß § 172 Abs. 1 BGB steht der besonderen Mitteilung einer Bevollmächtigung gleich, wenn der Vollmachtgeber „dem Vertreter eine Vollmachtsurkunde ausgehändigt hat und der Vertreter sie dem Dritten vorlegt.“ Wurde dem Bevollmächtigten z. B. bei einem im Vorfeld geschlossenenen Kaufvertrag eine entsprechende Vollmachtsurkunde ausgehändigt und dem Kaufvertrag beigefügt, hat der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung i. S. d. § 174 S. 2 BGB in Kenntnis gesetzt.
Insofern ist zu beachten, dass die Inkenntnissetzung von der Bevollmächtigung auch konkludent erfolgen kann (vgl. BGH, Urteil vom 20.10.2008 – II ZR 107/07; BAG, Urteil vom 18.10.2000 – 2 AZR 627/99). So steht es z. B. der ausdrücklichen Bekanntgabe der Vollmacht gleich, wenn der Bevollmächtigte eine Stellung bekleidet, mit der üblicherweise eine Vollmacht verbunden ist, die auch das konkrete Rechtsgeschäft umfasst (BGH, Urteil vom 20.10.2008 – II ZR 107/07 –; BAG, Urteil vom 18.10.2000 – II AZR 627/99 –). Irrelevant ist in diesem Zusammenhang, wenn zwischen der konkludenten Inkenntnissetzung und der Vornahme des einseitigen Rechtsgeschäftes eine längere Zeitspanne liegt (vgl. BGH, Urteil vom 20.10.2008 – II ZR 107/07 –).
Demzufolge kann auch in dem Fall, wenn auf beiden Seiten ein rechtsgeschäftlich Bevollmächtigter handelt, die Zurückweisung eines vorgenommenen einseitigen Rechtsgeschäftes mittels Fax übersandt werden, solange demjenigen, demgegenüber das Rechstgeschäft zurückgewiesen wird, der Umstand der Bevollmächtigung bekannt und das Zurückweisungsrecht aus diesem Grund ausgeschlossen ist.
UNZULÄSSIGE ZURÜCKWEISUNG WEGEN VERSTOSS GEGEN TREU UND GLAUBE
Zudem ist zu beachten, dass § 174 BGB ausschließlich dem Zweck dient, den Erklärungsempfänger zu schützen, der keine Gewissheit darüber hat, ob das Rechtsgeschäft von einem wirklich Bevollmächtigten vorgenommen wurde (OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.11.2003 – I-15 U 225/02). Aus diesem Grund kann eine vorgenommene Zurückweisung gegen Treu und Glauben verstoßen und deshalb unzulässig sein, wenn der Geschäftspartner Kenntnis von der Bevollmächtigung hatte. Das ist z.B. der Fall, wenn er wiederholt mit dem Bevollmächtigten im Rahmen einer Geschäftsbeziehung Kontakt hatte und sein Vertreterhandeln stets ohne Vorlage einer Vollmachtsurkunde hat gelten lassen (vgl. MüKo-BGB/Schubert, 7. Aufl. 2015, § 174 BGB, Rn. 28, m. w. N.).
Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass eine Zurückweisung eines einseitigen Rechtsgeschäfts i.S.d. § 174 BGB nicht ohne Weiteres möglich ist, wenn der Geschäftspartner von dem Umstand der Bevollmächtigung Kenntnis hatte.