Fünf Fakten zum Regierungsentwurf des „Lieferkettengesetzes“

Nach monatelangem Streit zwischen Arbeitsministerium, Entwicklungsministerium und Wirtschaftsministerium hat das Bundeskabinett am 03. März 2021 den Entwurf eines „Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“ (kurz: „Lieferkettengesetz“ oder „Sorgfaltspflichtengesetz“) beschlossen. Es soll noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werden und Anfang 2023 in Kraft treten.

1. Ziel des Gesetzes

Durch den Gesetzentwurf soll eine Verbesserung der internationalen Menschenrechtslage (insbesondere im Hinblick auf Kinder- und Zwangsarbeit) erreicht werden, indem Anforderungen an ein verantwortungsvolles Management von Lieferketten für bestimmte in Deutschland ansässige Unternehmen festgelegt werden („menschenrechtliche Sorgfaltspflichten“).

2. Keine Verpflichtung mittelständischer Unternehmen

Das Gesetz verpflichtet ab 2023 große Unternehmen mit mindestens 3.000 Beschäftigten in Deutschland verbindlich und ab 2024 in einem weiteren Schritt Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten in Deutschland. Insgesamt sind etwa 3.500 Unternehmen in Deutschland betroffen. Mittelständische Unternehmen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes.

3. Sorgfaltspflichten und Risikomanagement

Den vom Anwendungsbereich erfassten Unternehmen wird eine „menschenrechtliche Sorgfaltspflicht“ auferlegt. Zur Einhaltung dieser Pflicht müssen sie ein angemessenes Risikomanagement einführen und wirksam umsetzen. Die jeweiligen Unternehmen sollen die bestehenden menschenrechtlichen Risiken in ihren eigenen Geschäftsbereichen sowie bei ihren unmittelbaren Zulieferern ermitteln, um ihnen zu begegnen, darüber zu berichten und Beschwerdeverfahren zu ermöglichen. Die Verantwortung der Unternehmen erstreckt sich auf die gesamte Lieferkette, wobei die Unternehmensverantwortung nach dem Grad der Einflussmöglichkeit abgestuft ist. Die mit der Risikoanalyse verfolgte Einhaltung menschenrechtlicher Sorgfalt gilt zunächst für die Unternehmen selbst sowie für unmittelbare Zulieferer. Menschenrechtsrisiken beimittelbaren Zulieferernmüssen dann analysiert und adressiert werden, wenn Unternehmen darüber substantiiert Kenntnis erlangen.

Neben rein menschenrechtsbezogenen Pflichten werden zudem umweltbezogene Pflichten statuiert, soweit Umweltgefahren ebenso zu einer Gefahr für die menschliche Gesundheit führen. Das Gesetz nennt z. B. Gesundheits- und Umweltgefahren durch Quecksilber und schwer abbaubare organische Schadstoffe.

4. Bußgeldverfahren, aber keine zivilrechtliche Haftung

Eine zivilrechtliche Haftung für Unternehmen ergibt sich aus dem Gesetz, anders als ursprünglich einmal angedacht, nicht. Stattdessen drohen den Unternehmen bei Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten Bußgelder.

Als Kontrollinstanz ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) vorgesehen. Bei schweren Verstößen kann der Bußgeldrahmen bis zu einem prozentualen Anteil des weltweiten Konzernumsatzes reichen.

5. Klagemöglichkeit für Gewerkschaften und NGOs

Betroffene Personen können sich vor deutschen Gerichten von Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen vertreten lassen und diese zur Prozessführung ermächtigen, wenn sie sich durch einen Verstoß gegen die unternehmerische Sorgfaltspflicht in überragend wichtigen Positionen verletzt sehen („Prozessstandschaft“).

Ausblick

Der Regierungsentwurf ist ein Kompromiss – u. a. Verbraucherverbände hatten sich schärfere Regelungen erhofft, wohingegen laut Wirtschaftsvertretern die jetzigen Regelungen bereits „eine erhebliche Belastung für die betroffenen Unternehmen“ darstellen. Es bleibt abzuwarten, ob der Regierungsentwurf dazu geeignet sein wird, die ambitioniert gesetzten Ziele zu erreichen, und ob die großen Unternehmen ihre Pflichten an kleine und mittelständische Zulieferer weitergeben werden.  

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