Gebietsschutz und Privateigentum

Wer kann Verstöße gegen umweltrechtliche Belange geltend machen? Können Private sich gegen Eingriffe in geschützte Gebiete, z.B. Naturschutzgebiete oder FFH-Gebiete, zur Wehr setzen? Kann sich eine Privatperson in diesem Kontext etwa dagegen wehren, dass durch ein Projekt, z.B. eine Pipeline, bestimmte Arten und Lebensraumtypen beeinträchtigt werden? Der Grundsatz subjektiven Rechtsschutzes, der das deutsche Verwaltungsprozessrecht prägt, bietet auf diese Frage eine eindeutige Antwort: Nein! Gerügt werden kann jeweils nur die Verletzung eigener Rechte. Solche Rechte sind mit dem Eingriff in geschützte Gebiete regelmäßig nicht verbunden, da der Natur- und Gebietsschutz zuallererst öffentlichen Interessen dient.

Dies gilt selbst dann, wenn die Beeinträchtigungen solche Flächen betreffen, die sich im Eigentum einer Privatperson befinden. Auch in diesem Fall bleibt es dabei, dass der Grundstückseigentümer Verstöße gegen Vorschriften des Gebietsschutzes nicht rügen kann. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht zuletzt mit Urteil vom 17. Februar 2021, Az. 7 C 3.20, bestätigt. In seinem Urteil ging es um die Beeinträchtigung des FFH-Gebietes „Obere Schwentine“ in Schleswig-Holstein (gelegen bei Schönwalde am Bungsberg nahe der Lübecker Bucht) durch eine Asphaltmischanlage. Diese Beeinträchtigung wollte der Eigentümer von innerhalb des Schutzgebietes liegenden Grundstücken für sich geltend machen. Nachdem bereits zwei Vorinstanzen die Klage des Grundstückseigentümers gegen die Genehmigung der Asphaltmischanlage abgewiesen hatten, war auch die Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht erfolglos: Die Leipziger Richter urteilten, der Einzelne sei trotz seiner Eigentümerstellung nicht berechtigt, Verstöße gegen Naturschutzrecht zu rügen. Auch die Eigentümerstellung führe nicht zu einer drittschützenden Auslegung der Vorschriften über den Gebietsschutz.

Natürlich sind geschützte Gebiete trotz der fehlenden Rügefähigkeit durch Privatpersonen etwaigen Beeinträchtigungen nicht ausgeliefert – die jeweilige Unterschutzstellung muss auch durchgesetzt werden können, um Wirkung zu entfalten. Nach den Normen des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) und des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) können sogenannte anerkannte (Naturschutz)Vereinigungen – zu diesen gehören etwa der BUND oder der NABU – bestimmte Verstöße gegen Natur- und Gebietsschutzrecht rügen, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen. In diesen Möglichkeiten zur Verbandsklage liegt also eine partielle Abweichung von dem oben skizzierten Grundsatz subjektiven Rechtsschutzes.

Nicht unterschlagen werden soll zudem, dass der Grundstückseigentümer selbstverständlich immer dazu berechtigt bleibt, dem jeweiligen Projekt sein Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG entgegenzuhalten und gegen etwaige Beeinträchtigungen seines Eigentums vorzugehen. Der Gebietsschutz als solcher ist allerdings, wie erläutert, in dieser wehrhaften Rechtsposition nicht enthalten. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist insgesamt zu begrüßen, da es den Grundsatz subjektiven Rechtsschutzes bekräftigt und eine klare Trennung von Gebietsschutz und Privateigentum vorgibt.