Gefahr der Doppelzahlung bei der Betrieblichen Altersversorgung

Viele Arbeitnehmer machen von ihrem Recht der Entgeltumwandlung Gebrauch und schließen mit dem Arbeitgeber eine Vereinbarung ab, wonach aus ihrem Gehalt laufend ein monatlicher Betrag, z.B. in Höhe von 100 €, für die Betriebliche Altersversorgung verwendet wird. Arbeitgeber schließen zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung oft eine Direktversicherung ab.

Reaktion des Arbeitgebers bei Wunsch des Mitarbeiters, den Versicherungsvertrag zu kündigen

Wie soll sich ein Arbeitgeber verhalten, wenn ein Mitarbeiter an ihn herantritt, der seine Direktversicherung wegen finanzieller Sorgen kündigen möchte, um den Rückkaufswert zu erhalten, und hierzu um die Zustimmung des Arbeitgebers bittet?

Keine Pflicht des Arbeitgebers zur Zustimmung der Kündigung des Versicherungsvertrages

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 26.04.2018, 3 AZR 586/16 entschieden, dass der bloße Geldbedarf eines Arbeitnehmers, für den der Arbeitgeber eine Direktversicherung zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung abgeschlossen hat, keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber begründet, den Versicherungsvertrag gegenüber der Versicherungsgesellschaft zu kündigen, damit der Arbeitnehmer den Rückkaufswert erhält. Hieraus ergibt sich, dass der Mitarbeiter auch keinen Anspruch darauf hat, dass der Arbeitgeber die Zustimmung zur Kündigung durch den Mitarbeiter selbst erteilt.

Achtung: Zugrundeliegende Versorgungszusage bleibt bestehen!

Dem Arbeitgeber ist sogar dringend davon abzuraten, die Zustimmung zur Kündigung des Versicherungsvertrages zu erteilen.

Denn kündigt der Mitarbeiter die Versicherung mit Zustimmung des Arbeitgebers und wird dem Mitarbeiter der Rückkaufswert ausgezahlt, bedeutet dies nicht zugleich, dass die eigentliche Versorgungszusage, die der Arbeitgeber dem Mitarbeiter erteilt hat, automatisch mit aufgelöst wird.

Dies geht aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 19.07.2006, 20 U 72/06 hervor. Das OLG Hamm führt aus, dass die Auszahlung des Rückkaufswerts nach der Vorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 5 und 6 BetrAVG ausgeschlossen sei. Diese Regelung gehe, so das OLG Hamm weiter, der Vorschrift des § 176 Abs. 1 VVG, wonach nach Kündigung einer für den Todesfall abgeschlossenen Kapitallebensversicherung der Rückkaufswert zu erstatten sei, vor.

Der Sinn und Zweck dieser Regelungen des BetrAVG liegt darin, dass sichergestellt wird, dass der ursprüngliche Versorgungszweck erhalten bleibt. Es soll verhindert werden, dass der Arbeitnehmer die Anwartschaft vor Eintritt des Versorgungsfalles liquidiert und für andere Zwecke wie z.B. den Ausgleich von Schulden anstatt für die vorgesehene Versorgung im Altersfall verwendet.

Nach den Vorschriften des § 2 Abs. 2 Satz 5 und 6 BetrAVG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Satz 4 BetrAVG darf somit der durch Beitragszahlungen des Arbeitgebers gebildete Rückkaufswert aufgrund einer (grundsätzlich zulässigen) Kündigung des Versicherungsvertrages nicht in Anspruch genommen werden. Dabei steht der Umstand, dass die Versicherungsprämie z.B. in Höhe von 100 € pro Monat durch Einbehaltung eines entsprechenden Teils des Gehalts des Mitarbeiters finanziert wurde, nicht der Annahme entgegen, dass eine Leistung zum Zweck der Versorgung durch den Arbeitgeber versprochen wurde. Auch die Form der Entgeltumwandlung durch Direktversicherung unterfällt der betrieblichen Altersversorgung. Entscheidend ist, dass der Arbeitgeber Schuldner der Versicherungsbeiträge ist.

Verbotsgesetz nach § 134 BGB: Gefahr der Doppelzahlung

Selbst wenn die Versicherung die oben genannten Vorschriften nicht beachtet und dem Mitarbeiter den gesamten Rückkaufswert ausbezahlt, kann dies zur Folge haben, dass der Mitarbeiter gegen den Arbeitgeber die Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung nochmals einfordern kann. Denn bei der Vorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 5 und 6 BetrAVG handelt es sich um ein Verbotsgesetz nach § 134 BGB, so dass selbst wenn der Arbeitgeber und/oder die Versicherung mit dem Arbeitnehmer eine anderweitige Regelung trifft, diese nichtig ist. Eine solche zwischen der Versicherung und dem Mitarbeiter getroffene Vereinbarung entfaltet damit keine Rechtswirkung gegenüber dem Arbeitgeber, so dass die Gefahr besteht, dass der Mitarbeiter den Arbeitgeber bei Eintritt des Versorgungsfalles nochmals zur Zahlung heranziehen kann.

Ob in diesen Fällen Verzichtserklärungen der Mitarbeiter weiterhelfen, ist fraglich. Es kann nicht mit Rechtssicherheit gesagt werden, ob derartige Erklärungen vor den Arbeitsgerichten standhalten würden. Arbeitgebern wird daher dringend geraten, ihre Zustimmung zur Kündigung des Versicherungsvertrages durch den Mitarbeiter nicht zu erteilen.