Stichtag 30.06.2016: Heute läuft die vom BVerfG gesetzte Frist für die Neuregelung des Erbschaft- und Schenkungssteuergesetzes (ErbStG) ab.
Hintergrund
Mit Urteil vom 17. Dezember 2014 hatte das Bundesverfassungsgericht das geltende ErbStG für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber zu einer verfassungskonformen Neuregelung bis zum 30. Juni 2016 aufgefordert (s. bereits Blog-Beitrag vom 06.05.2016). Beanstandet hatte das Gericht insbesondere die Verschonungsregelungen für die Vererbung von Betriebsvermögen.
Nachdem die Verhandlungen über die Änderungen des Gesetzes monatelang ins Stocken geraten waren, war bis zuletzt unklar, ob eine Einigung noch bis zum Ablauf der Frist erzielt werden kann. Nunmehr haben sich die Meldungen in der letzten Woche regelrecht überschlagen.
Einigung der Regierungskoalition
Mit allseits großer Erleichterung wurde zunächst die Nachricht am 20. Juni 2016 aufgenommen, die Regierungskoalition habe sich über die noch offenen Punkte des Reformpapiers geeinigt. Mit dem gefundenen Kompromiss, so zunächst das Fazit, könne mit einer Verabschiedung des Gesetzes noch vor der Sommerpause gerechnet werden (Zusammenfassung der Eckpunkte des Erbschaftsteuerkompromisses hier).
Stand des Gesetzgebungsverfahrens
Nach den Plänen der Koalition soll das Gesetz nun zügig verabschiedet werden und rückwirkend zum 01. Juli 2016 in Kraft treten. Dies setzt voraus, dass der Entwurf das weitere Gesetzgebungsverfahren reibungslos passiert.
Unproblematisch war insoweit die Zustimmung des Bundestages. Dieser hat den Kompromiss noch am 24. Juni 2016 erwartungsgemäß mit der Mehrheit von Union und SPD gebilligt. In einem nächsten Schritt muss auch der Bundesrat dem Entwurf zustimmen, da die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer den Bundesländern zustehen. Die Abstimmung im Bundesrat soll am letzten Tag vor der parlamentarischen Sommerpause, dem 08. Juli 2016, erfolgen.
Zustimmung im Bundesrat ungewiss
Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat ist allerdings eine Zustimmung hier alles andere als gewiss. So wird der Kompromiss nicht nur von Grünen und Linken, sondern auch von einigen SPD-regierten Ländern äußerst kritisch gesehen und z.T. erneut für verfassungswidrig gehalten. Mehrere Länder haben für die Abstimmung im Bundesrat bereits ihre Ablehnung angekündigt.
Sollte der Entwurf im Bundesrat keine Mehrheit finden, würden die Verhandlungen nach der Sommerpause im Vermittlungsausschuss in eine neue Runde gehen – mit ungewisser Dauer. Folge wäre eine fortdauernde Rechtsunsicherheit für die betroffenen Unternehmen, sowohl im Hinblick auf die Frage, ob ohne Neuregelung das alte Recht nach dem 30.06.2016 weiter anzuwenden ist (vgl. Blog-Beitrag vom 06.05.2016), als auch im Hinblick auf weitere Änderungen.
Ob möglicherweise die Aussicht auf die nach der Reform zu erwartenden Mehreinnahmen die Länder veranlasst, den Entwurf trotz aller Bedenken im Bundesrat durchzuwinken, bleibt abzuwarten. Auch im Hinblick auf die im kommenden Jahr anstehenden Wahlen wäre eine zügige Verabschiedung des Gesetzes wünschenswert.