Gerichtliche Vertretung einer Gesellschaft durch ihren Aufsichtsrat

In einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof bestätigt, dass der Aufsichtsrat eine Gesellschaft auch bei gerichtlichen Streitigkeiten mit von ihm beauftragten Sachverständigen vertritt. Für eine sachgerechte Aufgabenwahrnehmung sei erforderlich, dass der Aufsichtsrat von ihm beauftragte Sachverständige anleitet und überwacht und die Gesellschaft diesen gegenüber ggfs. auch gerichtlich vertritt.

Was war passiert?

Der Aufsichtsrat einer Gesellschaft hatte eine Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft mit einer Sonderprüfung beauftragt. Diese stellte der zu prüfenden Gesellschaft 91.224,21 € in Rechnung, woraufhin sie eine Zahlung von 10.000,00 € erhielt. Im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Oldenburg weigerte sich der Vorstand der Gesellschaft, die Prozessführung durch den Aufsichtsrat anzuerkennen und vertrat die Auffassung, der Aufsichtsrat sei nicht zur gerichtlichen Vertretung der Gesellschaft befugt.

Die Entscheidung des BGH

Gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 AktG obliegt die Vertretung von Aktiengesellschaften grundsätzlich dem Vorstand. Ein anderes gilt jedoch, wenn gemäß Aktiengesetz ein anderes Organ zur Vertretung der Gesellschaft berufen ist. Der Aufsichtsrat kann gemäß § 111 Abs. 2 Satz 2 AktG zur Erfüllung seiner Überwachungspflicht im Namen der Gesellschaft Sachverständige heranziehen. Macht er von dieser Möglichkeit Gebrauch, ist er auch für gerichtliche Auseinandersetzungen mit von ihm beauftragten Sachverständigen zuständig.

Der BGH begründet seine Entscheidung damit, dass es sich insoweit um ein in den Kreis der Aufsichtsratszuständigkeit fallendes Hilfsgeschäft handele. Die Vertretung der Gesellschaft durch den Aufsichtsrat sei in derartigen Fällen geboten. Ansonsten wäre der Aufsichtsrat dazu gezwungen, dem Vorstand die zur Führung des Rechtstreits erforderlichen Informationen und Unterlagen offenzulegen, bezüglich derer er unter Umständen ein Geheimhaltungsinteresse habe. Dies könne die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Aufsichtsrats gefährden.

Praxishinweis

Das Recht zur Beauftragung von Sachverständigen sowie die Überwachungspflicht im Hinblick auf die Tätigkeit der Geschäftsleitung besteht für das Organ Aufsichtsrat. Einzelne Mitglieder des Aufsichtsrats sind in den vorgenannten Fällen dementsprechend nicht zur Vertretung der Gesellschaft berufen.

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