Gesellschaftsrechtliche Informationsrechte und Kartellverbot – Vorsicht bei neugierigen Minderheitsgesellschaftern!

Geschäftsführer sehen sich häufig Informationsanfragen ihrer Gesellschafter ausgesetzt, die nicht nur die allgemeine Geschäftsentwicklung sondern konkrete aktuelle Geschäftszahlen, bspw. auch Preise, Produktions- oder Verkaufsmengen oder konkrete Kunden des Gemeinschaftsunternehmens betreffen. Die Weitergabe solcher wettbewerbsrelevanter Informationen kann dann kartellrechtlich problematisch sein, wenn der anfragende Gesellschafter und das betroffene Unternehmen im Wettbewerb zueinander stehen. Aufgrund entsprechender Verflechtungen ist dies bspw. in der Entsorgungs- oder Bauindustrie häufiger der Fall. Der Geschäftsführer steht in solchen Fällen vor dem Problem, dem Informationswunsch des Gesellschafters (soweit wie möglich) nachzukommen, ohne hierdurch gegen das Kartellverbot zu verstoßen.

Informationsrechte der Gesellschafter

Umfang und Inhalt von Informationsrechten der Gesellschafter oder Unternehmensorgane sind bei den verschiedenen Gesellschaftsformen sowie innerhalb der einzelnen Unternehmen mit derselben Gesellschaftsform nicht einheitlich geregelt. Die gesetzlich angelegten Informationsrechte können erweitert - oder soweit gesetzlich zulässig - gesellschaftsvertraglich beschränkt werden. Der Kommanditist ist berechtigt, von seiner Kommanditgesellschaft eine Abschrift des Jahresabschlusses zu verlangen und dessen Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen (§ 166 Abs. 1 HGB), der Komplementär (gem. §§ 161 Abs. 2, 118 Abs. 1 HGB) sowie der GmbH-Gesellschafter (§ 51 a Abs. 1 und 3 GmbHG) haben jeweils inhaltlich umfassende, zeitlich nicht begrenzte und teils nicht vertraglich abdingbare Informationsrechte insbesondere über die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft. Die Gesellschafter haben gegenüber dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH die umfassende Informationsrechte auch im Hinblick auf die Geschäftsführung des Gemeinschaftsunternehmens in Form der Kommanditgesellschaft. Der Gesellschaftsvertrag, die einvernehmliche Unternehmenspraxis oder die Mitgliedschaft in einem Beirat der Gesellschaft können jeweils weitergehende Informationsmöglichkeiten einräumen.

Kartellrechtliche Grenzen der Informationsweitergabe

Das Kartellverbot des § 1 GWB bzw. Art. 101 Abs. 1 AEUV verbietet Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Unternehmen, die eine Beschränkung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken. Hiernach verboten sind nicht nur unmittelbare Absprachen zwischen Wettbewerbern über die Höhe von Verkaufspreisen, über die Aufteilung von Kunden oder die Beschränkung von Produktionsmengen, sondern auch der Austausch wettbewerbsrelevanter Informationen, da das Kartellverbot auch den Geheimwettbewerb schützt und durch einen solchen Informationsaustausch eine unmittelbare Absprache von Preisen etc. zumeist obsolet wird. Als abgestimmte Verhaltensweise vom Tatbestand erfasst ist auch die einseitige Weitergabe solcher Informationen, sofern das konkurrierende Unternehmen diese Informationen entgegennimmt. Verstöße gegen das Kartellverbot können mit empfindlichen Geldbußen geahndet werden (vgl. § 81 GWB).

Im Rahmen von Gemeinschaftsunternehmen wird eine solche Informationsweitergabe folglich dann zum Problem, wenn das Gemeinschaftsunternehmen mit dem Auskunft begehrenden Gesellschafter in einem aktuellen oder potentiellen Wettbewerbsverhältnis steht. Zweifelsfrei kartellrechtlich zulässig ist die Weitergabe wettbewerbsrelevanter Informationen durch den Geschäftsführer des Gemeinschaftsunternehmens an einen Gesellschafter nur dann, wenn dieser das Gemeinschaftsunternehmen allein oder gemeinsam mit einem anderen Gesellschafter beherrscht. Denn in diesem Fall gilt das sog. Konzernprivileg. Anders sieht die Beurteilung hingegen aus, wenn es sich um einen Minderheitsgesellschafter ohne beherrschenden Einfluss auf das Gemeinschaftsunternehmen handelt. Hierbei spielt es keine Rolle, ob die Weitergabe der Informationen im Rahmen einer Gesellschafterversammlung oder aber außerhalb einer solchen erfolgt.

Problem

Der Geschäftsführer steht somit im Falle eines Auskunftsbegehrens eines Minderheitsgesellschafters vor dem Problem, dass er einerseits u.U. seinen Anstellungsvertrag verletzt und deshalb seine Abberufung oder Kündigung aus wichtigem Grund riskiert, sofern er die gewünschte Auskunft nicht erteilt bzw. Informationen nicht weitergibt, sich andererseits aber der Gefahr eines persönlichen Bußgelds wegen Verstoßes gegen das Kartellverbot sowie eines Schadensersatzanspruches der Gesellschaft wegen Verletzung der Treuepflicht aussetzt.

Wie also kann ein Geschäftsführer auf das Informationsbegehren eines Minderheitsgesellschafters am besten reagieren?

Lösung

Empfehlenswert ist es zunächst zu prüfen, welche der begehrten Informationen ohne Verstoß gegen das Kartellverbot und die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht in jedem Fall weitergegeben werden dürfen. Soweit das Auskunftsbegehren, insbesondere wegen ihrer Detailtiefe, über die hiernach zulässigen Grenzen hinausgeht, sollte der Geschäftsführer die Möglichkeit prüfen, einen unabhängigen Treuhänder (bspw. Wirtschaftsprüfer) einzuschalten, der sensible Daten des Gemeinschaftsunternehmens entgegennimmt und verpflichtet ist, dem anfragenden Minderheitsgesellschafter nur aggregierte und damit auch kartellrechtlich unkritische Informationen weiterzuleiten.

Soweit dies nicht möglich erscheint oder aber der Minderheitsgesellschafter mit einer solchen Vorgehensweise nicht einverstanden ist bzw. rechtlichen Schritten droht, stehen dem Geschäftsführer gesellschaftsrechtliche Möglichkeiten zur Verfügung. Für die GmbH regelt § 51 a Abs. 2 S. 1 GmbHG ausdrücklich, dass der Geschäftsführer Auskunft und Einsicht verweigern darf, „wenn zu besorgen ist, dass der Gesellschafter sie zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird.“ Allerdings bedarf der Geschäftsführer zur wirksamen Berufung auf diesen Verweigerungsgrund eines Beschlusses der Gesellschafter, wenngleich der die Auskunft begehrende Gesellschafter hierbei nicht stimmberechtigt ist.

Da ein solcher Gesellschafterbeschluss für den Geschäftsführer bindend ist, empfiehlt es sich unter Umständen, sich auf ungeschriebene Informationsverweigerungsgründe zu berufen, da der Geschäftsführer hierfür keinen Gesellschafterbeschluss benötigt. So kann geltend gemacht werden, dass das Informationsbedürfnis fehle, das Informationsbegehren missbräuchlich sei und schließlich, dass ein gesetzliches Verbot der Informationserteilung besteht. Gerade auch im Falle eines drohenden Kartellverstoßes kann sich der Geschäftsführer daher wirksam auf diesen letztgenannten Verweigerungsgrund berufen. Diese Verweigerungsgründe sind auch im Rahmen von Kommanditgesellschaften anerkannt.

Fazit

Geschäftsführer können also auf Informationsbegehren ihrer Gesellschafter praktisch handhabbar reagieren, ohne sich des Risikos eines Kartellverstoßes aussetzen zu müssen.

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