An der Redewendung „In der Kürze liegt die Würze“ sollte man sich bei der
Betriebskostenumlagevereinbarung besser nicht orientieren
Der für das Gewerberaummietrecht zuständige XII. Zivilsenat beim Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 08.04.2020 - XII ZR 120/18 Richtlinien für eine wirksame Betriebskostenumlage im Gewerberaummietrecht aufgestellt. Danach besteht zukünftig kein Raum mehr für die Annahme, dass ein Gewerberaumvermieter durch eine pauschale Formulierung, wonach der Mieter „sämtliche Betriebskosten“ tragen soll, erreichen könne, dass alle für das Mietobjekt anfallenden Betriebskosten/Nebenkosten wirksam auf den Mieter umgelegt werden können.
Hintergrund
Vermieter haben zum Teil die Fehlvorstellung, dass bei der mietvertraglichen Gestaltung im Zusammenhang mit der Betriebskostenumlage auf eine bestimmte oder zumindest bestimmbare Betriebskostenvereinbarung verzichtet werden könne und es für eine umfassende Betriebskostenumlage auf den Mieter ausreichend sei, wenn im Mietvertrag geregelt wird, dass der Mieter sämtliche Betriebskosten tragen soll.
Insoweit entsprach es schon vor der jüngsten BGH-Entscheidung der herrschenden Auffassung, dass die Formulierungen:
„Der Mieter übernimmt die (alle) Nebenkosten“
„Der Mieter übernimmt die üblichen Nebenkosten“
das Bestimmtheitserfordernis im Gewerberaummietrecht nicht erfüllen. Verwendet ein Vermieter im Zuge einer pauschalen Betriebskostenumlagevereinbarung anstelle des Begriffes der „Betriebskosten“ den nicht gesetzlich definierten Begriff der „Nebenkosten“, läuft er sogar Gefahr, dass die Regelung insgesamt unbestimmt und unklar ist und er – zumindest bei Verwendung der Formulierung im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen – überhaupt keine wirksame Betriebskostenumlagevereinbarung geschlossen hat und die Betriebskosten somit entsprechend dem gesetzlichen Grundgedanken von dem vereinbarten Mietentgelt abgegolten werden.
Selbst dann, wenn ein Vermieter die Formulierung verwendet:
„Der Mieter hat die/alle Betriebskosten zu tragen/zu übernehmen“,
liegt hierin zwar eine wirksame Betriebskostenumlagevereinbarung. Der Vermieter wird sein Ziel, den Mieter mit sämtlichen für das Objekt anfallenden Betriebskosten/Nebenkosten belasten zu können, nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes aber auch mit dieser Formulierung nicht erreichen können.
Die BGH-Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung zwar bestätigt, dass bei pauschalen Betriebskostenumlagevereinbarungen, wonach der Mieter die Betriebskosten zu tragen hat, auf die gesetzliche Definition des Betriebskostenbegriffes, insbesondere auf den Betriebskostenkatalog der Betriebskostenverordnung zurückgegriffen werden kann. Gleichzeitig hat der Senat aber auch klargestellt, dass es für die Umlage der sog. „sonstigen Kosten“, die nicht im Betriebskostenkatalog von § 2 der Betriebskostenverordnung aufgelistet werden und vom Begriff der Betriebskosten regelmäßig nicht erfasst sind, einer konkreten Einigung bedarf.
Bei der Auslegung von vertraglichen Regelungen könne auch im Gewerberaummietrecht auf die für das Wohnraummietrecht geltende gesetzliche Definition des Betriebskostenbegriffes zurückgegriffen werden. § 556 Abs. 1 Satz 2 BGB enthält den Verweis auf die Aufstellung der Betriebskostenverordnung vom 25.11.2003. Wird in einem Gewerberaummietvertrag im Rahmen einer pauschalen Betriebskostenumlagevereinbarung der Begriff der „Betriebskosten“ verwendet, kann diese Betriebskostenumlagevereinbarung also im Sinne dieser Bestimmungen verstanden werden. Gleichzeitig bedeutet dies im Umkehrschluss aber auch, dass ein Vermieter von Gewerberaum, welcher eine solche allgemeine Pauschalregelung verwendet, lediglich erreichen kann, dass die in dem Betriebskostenkatalog der Betriebskostenverordnung aufgeführten Betriebskosten auf den Mieter umgelegt werden können, nicht aber auch weitere „sonstige“ Nebenkosten/Betriebskosten, die in dem Betriebskostenkatalog von § 2 der Betriebskostenverordnung nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Dort nicht erwähnte Nebenkosten/Betriebskosten, deren Umlage im Gewerberaummietrecht aber durchaus üblich ist, wie z.B. die anteiligen Kosten für Instandsetzung von Gemeinschaftseinrichtungen, Winterdienst, Verwaltungskosten, Kosten für Bewachung, Kosten besonderer Versicherungen, etc., sind von einer solchen pauschalen Betriebskostenumlagevereinbarung somit nicht erfasst.
Fazit:
Im Gewerberaummietrecht ist es dringend zu empfehlen, sämtliche Betriebskosten- und Nebenkostenpositionen, die auf den Mieter umgelegt werden sollen, in der Betriebskostenumlagevereinbarung auch ausdrücklich und eindeutig zu bezeichnen. Insoweit wäre es ausreichend, bezüglich solcher Betriebskosten, die im Betriebskostenkatalog der Betriebskostenverordnung aufgeführt sind, wie Grundsteuer, Heizung, Wasser, Hausmeister, auf die Betriebskostenverordnung zu verweisen. Weitere sonstige Betriebskosten, die dort nicht aufgelistet sind und auf den Mieter umgelegt werden sollen, müssen in der Betriebskostenumlagevereinbarung aber zusätzlich genannt werden, um deren Umlagefähigkeit zu erreichen.
Daher ist dringend davon abzuraten, auf kurze und knappe Formulierungen zurückzugreifen. Auch wenn das Bedürfnis mancher Vermieter verständlich ist, Verträge kurz zu halten, wäre es der falsche Weg, an dieser Stelle an Ausführungen zu sparen.