Dass eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) verlangte Vertragserfüllungsbürgschaft sogar in Höhe von 10 % der Auftragssumme wirksam ist, hatte der BGH (Urteil vom 7. April 2016 – VII ZR 56/15) kürzlich offiziell bestätigt. Darüber habe ich bereits unmittelbar nach Veröffentlichung der Entscheidung in meinem Beitrag vom 24. Mai 2016 (Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10 %: Jetzt vom BGH abgesegnet) berichtet. Zugleich habe ich davor gewarnt, sich eine eigentlich wirksame Vertragserfüllungsbürgschaft durch Kombination mit weiteren Sicherheiten doch noch zu zerschießen. Genau diese Gier nach Sicherheiten ist jetzt einem Auftraggeber zum Verhängnis geworden (BGH, Urteil vom 16. Juni 2016 – VII ZR 29/13).
Sachverhalt
Ein Bauträger hat im GU-Vertrag (AGB) eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 5 % der Bruttoauftragssumme verlangt. Darüber hinaus hat er den Zahlungsplan so gestaltet, dass der Auftraggeber aus Abschlagszahlungen und der Schlusszahlung Einbehalte in Höhe von weiteren 15 % der Bruttoauftragssumme deutlich über die Abnahme hinaus vornehmen durfte.
Der GU geriet in Insolvenz. Im Rechtsstreit wendet der in Anspruch genommene Bürge die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede ein. Mit Erfolg!
Entscheidung
Der BGH hat unter ausdrücklichem Verweis auf sein Urteil vom 7. April 2016 – VII ZR 56/15 – zunächst keine Bedenken gegen die Höhe der Vertragserfüllungsbürgschaft. Deren Höhe liegt deutlich unter der aktuell erlaubten Höchstgrenze. Insoweit besteht keine Gefahr.
Allerdings hält der BGH den Zahlungsplan für unwirksam. Die Möglichkeit des Auftraggebers, 15 % der fälligen Vergütung deutlich über die Abnahme hinaus einzubehalten, benachteilige den Auftragnehmer unangemessen. Die Klausel ist daher gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Auf die Unwirksamkeit kann sich gemäß § 768 Abs. 1 BGB auch der Bürge berufen.
Im zu entscheidenden Fall wird der Bürge jedoch aus seiner Bürgschaft in Anspruch genommen. Wie hängt der unwirksame Zahlungsplan mit der Vertragserfüllungsbürgschaft zusammen? Um diese zu Fall zu bringen, bedient sich der BGH einer sogenannten Gesamtschau.
Die Kombination einer bei isolierter Betrachtung wirksamen Regelung zur Vertragserfüllungsbürgschaft mit dem unwirksamen Zahlungsplan führt zur Gesamtunwirksamkeit des Sicherheitenkonzepts. Der unwirksame Zahlungsplan „infiziert“ die Sicherungsabrede der Vertragserfüllungsbürgschaft, weil im konkreten Fall beide Sicherheitenmechanismen identische Ansprüche des Auftraggebers absichern sollten.
Praxishinweis
Sicherheiten sollten das bieten, was ihr Name verspricht: Sicherheit! Wenn Sicherheiten eines Bauvertrages in Anspruch genommen werden, liegt regelmäßig eine hoch streitige Situation vor. Bürgen und andere Sicherheitengeber werden das Haar in der Suppe suchen, um nicht zahlen zu müssen. Das kann man ihnen nicht mal verübeln.
Umso wichtiger ist daher, dass der Auftraggeber bei der Kombination seiner Sicherheiten nicht übertreibt. Der Grundsatz „viel hilft viel“ gilt gerade nicht. Mit 10 % Vertragserfüllungssicherheit und 5 % Gewährleistungssicherheit, welche dann aber bitte nur Mängelansprüche nach der Abnahme sichert, macht der Auftraggeber derzeit nichts falsch.