Die gesetzliche Vertretungsmacht eines Prokuristen gemäß § 49 Abs. 1 HGB reicht nicht so weit, dass er gegenüber dem Handelsregister die Änderung der Geschäftsanschrift anmelden dürfte. Bei der Änderung der Geschäftsanschrift handelt es sich nach Auffassung des Kammergerichts Berlin (Beschluss vom 4.5.2016 – 22 W 128/15) um ein sogenanntes Grundlagengeschäft. Das Kammergericht schließt sich damit der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Beschluss vom 7.8.2014, Az. 11 Wx 17/14) an und ändert seine bisherige Rechtsprechung.
Hintergrund der Entscheidung
Nach § 31 Abs. 1 HGB ist eine Verlegung der Niederlassung an einen anderen Ort sowie die Änderung der inländischen Geschäftsanschrift zum Handelsregister anzumelden.
Anlass zu dem Beschluss des Kammergerichts gab die Beschwerde einer GmbH, deren einziger Geschäftsführer in Italien wohnt. Neben dem Geschäftsführer wird die Gesellschaft von zwei Prokuristen vertreten. Diese dürfen die Gesellschaft entweder gemeinsam oder zusammen mit einem Geschäftsführer vertreten.
In dem vom Kammergericht zu entscheidenden Fall scheiterte die Anmeldung des Wechsels der Geschäftsanschrift durch notarielle Erklärung gegenüber dem Registergericht bereits daran, dass die Anmeldung lediglich von einem Prokuristen unterzeichnet wurde. Ergänzend führt das Kammergericht in seinem Beschluss jedoch aus, dass der „dem Prokuristen gesetzlich eingeräumt Vertretungsumfang“ nicht dazu ausreicht, „die Gesellschaft, für die die Prokura erteilt ist, im Rahmen einer Anmeldung nach § 31 Abs. 1 HGB wegen der Änderung der inländischen Geschäftsanschrift zu vertreten.“
Unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung folgt das Kammergericht damit der Auffassung des Oberlandesgerichts Karlsruhe. Danach handelt es sich bei dem Wechsel der inländischen Geschäftsanschrift um eine Maßnahme von „wesentlicher organisatorischer Bedeutung“ und damit ein Grundlagengeschäft. Grundlagengeschäfte sind nicht von der einem Prokuristen gemäß § 49 Abs. 1 HGB eingeräumten Vertretungsmacht umfasst, da es sich nicht um Geschäfte handelt, die der Betrieb eines Handelsgeschäfts „mit sich bringt“.
Folgen für die Praxis
Die Entscheidung des Kammergerichts hat nicht zur Folge, dass Prokuristen generell keine Handelsregisteranmeldungen zu Grundlagengeschäften mehr vornehmen dürfen. Soll eine Anmeldung allerdings von einem Prokuristen durchgeführt werden, so ist ihm eine Spezialvollmacht auszustellen.