Hinweisgeber- und Geschäftsgeheimnisschutz Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf für mehr Rechtssicherheit beim Schutz von Geschäftsgeheimnissen

 

 

Die Bundesregierung hat am 18.07.2018 das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung ("GeschGehG") beschlossen. Mit dem GeschGehG wird die Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung umgesetzt, die die Mitgliedstaaten zum zivilrechtlichen Schutz von Geschäftsgeheimnissen verpflichtet. Dem liegt die Wertung zugrunde, dass der Zugang zu Geschäftsgeheimnissen und deren Verwertung einen erheblichen wirtschaftlichen Wert darstellen können.

Nach derzeitiger Rechtslage wird der Schutz von Geschäftsgeheimnissen im deutschen Recht über die Strafvorschriften der §§ 17 bis 19 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sowie die Vorschriften des 15. Abschnitts des Strafgesetzbuchs (StGB), welche die Verletzung des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs unter Strafe stellen, gewährleistet. Zivilrechtliche Ansprüche sind nicht spezialgesetzlich geregelt. In Betracht kommt unter anderem ein vertraglicher Schadensersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sowie deliktische Schadensersatzansprüche nach §§ 823 Abs. 1, 826 bzw. § 823 Abs. BGB gegebenenfalls in Verbindung mit § 1004 BGB analog bzw. in Verbindung mit den jeweils verwirklichten drittschützenden Schutzgesetzen. Ein Schutz durch das Patentgesetz (PatG) oder das Urheberrechtsgesetz (UrhG) besteht bei Geschäftsgeheimnissen in vielen Fällen nicht, da sie auf Grund ihrer Art nicht dem besonderen Schutz dieser Spezialgesetze unterfallen.

Ziel des Gesetzes

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Unternehmen über den bereits im deutschen Recht bestehenden Schutz hinaus bei einer unerlaubten Erlangung, Nutzung oder Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen zivilrechtliche Ansprüche wie Unterlassung und Schadensersatz geltend machen können.

Hinsichtlich des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen vor einer Offenlegung im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens sollen streitgegenständliche Informationen bei Einreichung einer Klage als geheimhaltungsbedürftig eingestuft werden können, so dass der Personenkreis begrenzt werden kann, der Zugang zu Dokumenten und Verhandlungen hat, in denen Geschäftsgeheimnisse eröffnet werden.

Zum Schutz von Whistleblowern und Journalisten sind Regelungen für Sachverhalte, in denen der Erwerb, die Nutzung oder die Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen nicht rechtswidrig ist, vorgesehen. Darunter fallen beispielsweise Fälle, in denen die Handlung der Ausübung der Meinungs- und Informationsfreiheit oder der Aufdeckung von Fehlverhalten und rechtswidrigen Handlungen dient.

Überblick über das neue GeschGehG

Abschnitt 1 enthält allgemeine Regelungen. In § 1 wird der Anwendungsbereich festgelegt, in § 2 finden sich Begriffsbestimmungen. Definiert werden hier die Begriffe des Geschäftsgeheimnisses, des Inhabers eines Geschäftsgeheimnisses, des Rechtsverletzers und des rechtsverletzenden Produkts.

In §3 werden die erlaubten Handlungen beschrieben, § 4 enthält Handlungsverbote zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen, bei deren Missachtung eine rechtswidrige Erlangung beziehungsweise eine rechtswidrige Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses vorliegt (§ 4). § 5 enthält Gründe, bei deren Vorliegen im Einzelfall ein Verstoß gegen § 4 gerechtfertigt sein kann.

Abschnitt 2 enthält die Ansprüche des Inhabers eines Geschäftsgeheimnisses gegen den Rechtsverletzer bei rechtswidriger Erlangung, rechtswidriger Nutzung oder rechtswidriger Offenlegung. Hierzu zählen Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung (§ 6), Vernichtung, Herausgabe und Rückruf (§ 7), Auskunft (§ 8), und Schadensersatz bei fahrlässiger oder vorsätzlicher Verletzung (§ 10).

In Abschnitt 3 werden Regelungen zum gerichtlichen Verfahren bei der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen getroffen. Durch Regelungen zur Geheimhaltung im gerichtlichen Verfahren in den §§ 16 bis 20 wird der Rechtsschutz von Kläger und Beklagtem dauerhaft verbessert.

Abschnitt 4 enthält die zuvor in den §§ 17 bis 19 UWG geregelten Strafvorschriften zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen

Wichtige Neuerungen für Unternehmen

  • Neu in insbesondere, dass bei der Definition des Geschäftsgeheimnisses nunmehr ausschließlich an objektive Kriterien angeknüpft wird. Nach der bisherigen in Theorie und Praxis weitgehend anerkannten, aber nicht unumstrittenen Definition des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses (§§ 17 bis 19 UWG) sollte die Geheimhaltung der im Zusammenhang mit dem Betrieb oder der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens stehenden nicht offenkundigen Tatsache demgegenüber nicht nur im objektiven wirtschaftlichen Interesse des Unternehmens(-inhabers, -leitungsorgans) liegen, sondern auch seinem subjektiven Willen entsprechen. Es war somit eine Bewertung vorzunehmen.

    Nach der neuen rein objektiven Definition gem. § 1 S. 1 Nr. 1 GeschGehG ist in Geschäftsgeheimnis definiert als "eine Information, die a) weder insgesamt noch in ihren Einzelheiten den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, bekannt oder ohne weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und b) Gegenstand von angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist."

  • Neu kommt insoweit auch der Aspekt hinzu, dass die geschützten Geschäftsgeheimnisse einen kommerziellen Wert haben müssen. Nach der Gesetzesbegründung soll eine Information wirtschaftlichen Wert besitzen, wenn sie Einfluss auf die Wettbewerbsposition hat und dem Inhaber bei Geheimhaltung einen Vorteil verspricht. Dieser kommerzielle Wert muss im Streitfall nachweisbar und gerichtlich nachprüfbar. Es empfiehlt sich daher, unternehmensintern eine nachvollziehbare Dokumentation vorzubereiten, die auf betriebswirtschaftliche Erkenntnisse und Verfahren zurückzugreift.

  • Besonders wichtig ist es zudem, dass hinreichende Geheimhaltungsmaßnahmen ergriffen werden. Nach der neuen Regelung trägt das Unternehmen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass es angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen tatsächlich ergriffen hat. Es genügt nicht mehr der erkennbar subjektive Geheimhaltungswille, der sich in objektiven Umständen manifestiert hat. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll sich die Art der konkreten Geheimhaltungsmaßnahme nach dem Geschäftsgeheimnis im Einzelnen richten: In Betracht kommen physische Zugangsbeschränkungen und Vorkehrungen sowie vertragliche Sicherungsmechanismen. Es ist nicht erforderlich, jede geheim zu haltende Information gesondert zu kennzeichnen, sondern es können grundsätzlich Maßnahmen für bestimmte Kategorien von Informationen ergriffen werden (zum Beispiel technische Zugangshürden) oder durch allgemeine interne Richtlinien und Anweisungen oder auch in Arbeitsverträgen vorgegeben werde. Bei der Wertung der Angemessenheit sollen insbesondere der Wert des Geschäftsgeheimnisses und dessen Entwicklungskosten, die Bedeutung für das Unternehmen, die üblichen Geheimhaltungsmaßnahmen in dem Unternehmen, die Art der Kennzeichnung der Informationen und vereinbarte vertragliche Regelungen mit Arbeitnehmern und Geschäftspartnern berücksichtigt werden.

  • Der Umfang des möglichen Schadenersatzanspruchs im Falle einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung von Geschäftsgeheimnis ist in § 10 umfassend geregelt und geht teilweise über das hinaus, was in solchen Fällen der deutschen Rechtsprechung bislang als Schadensersatz geltend gemacht werden kann. Neben der allgemeinen Verpflichtung des Verletzers zum Schadensersatz gemäß § 10 Abs. 1 enthält § 10 Abs. 2 eine Regelung, wonach der Schadensersatz auch auf der Grundlage des Gewinns berechnet werden kann, den der Rechtsverletzer durch den Rechtsverstoß erzielt hat oder auf der Grundlage einer Lizenzanalogie. Die Vorschrift entspricht der im Rahmen der Immaterialgüterrechte üblichen dreifachen Schadensberechnung. Darüber hinaus beinhaltet Abs. 3 einen Ersatzanspruch auf eine Geldentschädigung auch für erlittene immaterielle Nachteile, soweit dies der Billigkeit entspricht. Eine vergleichbare Regelung existiert nur in § 97 Absatz 2 Satz 4 UrhG. Der Anspruch kann neben oder gesondert von einem Ersatz des Vermögensschadens geltend gemacht werden.

 

 

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