Welche Verpflichtungen treffen ein freigestelltes Betriebsratsmitglied, das seine Betriebsratsaufgaben während der Arbeitszeit außerhalb des Betriebs wahrnehmen möchte? Muss es sich bei Verlassen des Betriebs abmelden und den Arbeitgebers möglicherweise noch über Einzelheiten seiner Tätigkeit informieren? Muss es sich nach Rückkehr wieder als anwesend melden? Mit diesen Fragen hat sich das Bundesarbeitsgericht kürzlich befasst (Beschluss vom 24.02.2016 - 7 ABR 20/14) und damit für mehr Klarheit bei Arbeitgebern und Betriebsräten gesorgt.
Frage
Ein „normales“ Betriebsratsmitglied, also ein solches, das neben seiner Betriebsratstätigkeit auch noch seiner regulären Arbeit beim Arbeitgeber nachgeht, muss dem Arbeitgeber anzeigen, dass es seinen Arbeitsplatz verlässt, um Betriebsratsaufgaben wahrzunehmen. Dabei ist es auch verpflichtet, dem Arbeitgeber mitzuteilen, für welche voraussichtliche Dauer es seinen Arbeitsplatz verlässt und wo es sich aufhalten wird. Nach Beendigung der Betriebsratstätigkeit und vor Wiederaufnahme der eigentlichen Arbeitstätigkeit muss sich das Betriebsratsmitglied wiederum beim Arbeitgeber zurückmelden.
Diese Grundsätze der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung dienen dem Arbeitgeber dazu, die Arbeitseinteilung zu erleichtern. Der durch die Betriebsratstätigkeit des Betriebsratsmitglieds ausgelöste Arbeitsausfall soll durch den Einsatz anderer Arbeitnehmer überbrückt werden. Hierfür benötigt der Arbeitgeber insbesondere auch die Angabe über die voraussichtliche Dauer der Abwesenheit des Betriebsratsmitglieds.
In dem vom Bundesarbeitsgericht nunmehr zu entscheidenden Fall ging es allerdings um freigestellte Betriebsratsmitglieder (§ 38 BetrVG). Diese sind dauerhaft von ihrer beruflichen Tätigkeit befreit und befassen sich somit ausschließlich mit Betriebsratsaufgaben. Naturgemäß treffen den Arbeitgeber keine Organisationsmaßnahmen, wenn ein freigestelltes Betriebsratsmitglied zur Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben den Betrieb verlässt, denn ein abzufedernder Arbeitsausfall droht nicht. Dieser Gedanke veranlasste den Betriebsrat im Fall des Bundesarbeitsgerichts dazu, die Gerichte um Feststellung zu ersuchen, dass weder eine An- noch eine Rückmeldeverpflichtung besteht und freigestellte Betriebsratsmitglieder den Arbeitgeber zudem auch nicht über die voraussichtliche Dauer der Betriebsabwesenheit sowie den genauen Ort informieren müssen.
Anwesenheitspflicht, also An- und Rückmeldepflicht
Das Bundesarbeitsgericht teilt die Auffassung des Betriebsrats in weiten Teilen jedoch nicht. Vielmehr bestätigt es den Arbeitgeber darin, dass auch freigestellte Betriebsratsmitglieder sich vor Verlassen des Betriebs ab- und nach Rückkehr zurückmelden müssen. Als Grund führt das Bundesarbeitsgericht an, dass freigestellte Betriebsratsmitglieder zwar von ihrer beruflichen Tätigkeit, nicht aber von ihrer Anwesenheitsverpflichtung im Betrieb freigestellt sein. Vielmehr müssen Sie sich während ihrer vertraglichen Arbeitszeit im Betrieb befinden und sich für dort anfallende Betriebsratsarbeiten bereithalten. Diese Pflicht sei eine vertragliche Nebenpflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB und folge zudem aus dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG.
Genauso sind auch freigestellte Betriebsratsmitglieder nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts dazu verpflichtet, dem Arbeitgeber die voraussichtliche Dauer ihrer Abwesenheit anzuzeigen. Hierzu führt das Gericht aus, dass sowohl die Ab- und Rückmeldeverpflichtung als auch die Angabe der voraussichtlichen Dauer der Tätigkeit im Interesse des Arbeitgebers lägen. Denn auch der Arbeitgeber müsse wissen, ob die freigestellten Betriebsratsmitglieder als seine Ansprechpartner, insbesondere in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten vorübergehend nicht da sind und wann mit einer Rückkehr zu rechnen ist. Denn gegebenenfalls muss sich der Arbeitgeber an ein anderes, anwesendes Betriebsratsmitglied wenden.
Keine Verpflichtung zur Mitteilung des Ortes
Anders als „normale“ Betriebsratsmitglieder müssen freigestellte Betriebsratsmitglieder allerdings nicht den Ort ihrer außerbetrieblichen Betriebsratstätigkeit vor dem Verlassen des Betriebes angeben. Denn der Arbeitgeber habe grundsätzlich kein Interesse daran, dies zu wissen. Gleichwohl macht das Bundesarbeitsgericht deutlich, dass auch freigestellte Betriebsratsmitglieder möglicherweise – wenngleich gegebenenfalls erst nachträglich – den Arbeitgeber über den Ort und eventuell auch weitere Einzelheiten der Betriebsratstätigkeit informieren müssen. Dies gilt dann, wenn der Arbeitgeber vor der Erstattung von mit der außerbetrieblichen Betriebsratstätigkeit entstandenen Kosten deren Erforderlichkeit überprüfen darf.
Fazit
Das Bundesarbeitsgericht hat mit der vorstehend erläuterten Entscheidung unter Anführung zutreffender und überzeugender Argumente einen weitgehenden Gleichlauf der Ab- und Rückmeldeverpflichtungen freigestellter und „normaler“ Betriebsratsmitglieder herbeigeführt. Beide müssen sich somit ab- und zurückmelden und bei Abmeldung die voraussichtliche Dauer ihrer Tätigkeit angeben. Freigestellte Betriebsratsmitglieder sind allerdings, anders als ihre „normalen“ Kollegen, nicht dazu verpflichtet, den Ort ihrer außerbetrieblichen Betriebsratstätigkeit anzugeben. Damit dürften sich viele, in der Praxis häufige Auseinandersetzungen erledigt haben.