Ich gehe bis nach Karlsruhe...

...heißt es in Deutschland oft, wenn jemand zum Ausdruck bringen will, dass er sein Recht bis ganz "nach oben" in der Gerichtsbarkeit durchfechten will. Wenn wir uns dabei im Bereich der Zivilgerichtsbarkeit bewegen, steht der Bundesgerichtshof gemein hin für "Karlsruhe". Als Revisionsinstanz stellt dieser die letzte Instanz im Zug der Zivilgerichtsbarkeit dar.

Über Karlsruhe steht in Deutschland nur Karlsruhe

Nun gibt es aber immer wieder Fälle, in denen die unterlegene Partei sich mit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht abfinden will. Aber was dann? Soweit man die deutsche Gerichtsbarkeit betrachtet, bleibt dann nur noch die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht.

Fall Pechstein

Genau diesen Weg hat die Eisschnell-Läuferin Claudia Pechstein jüngst eingeschlagen. In einem wahren Prozess-Marathon über den Internationalen Sportgerichtshof (CAS), das Schweizer Bundesgericht, das Land- und Oberlandesgericht München sowie letztlich den Bundesgerichtshof hat diese gegen eine Dopingsperre gekämpft. Im Focus stand dabei vor den staatlichen Gerichten in Deutschland nicht die Frage "gedopt oder nicht". Vielmehr war (vor-)entscheidend, dass der Bundesgerichtshof eine Schiedsabrede zwischen der Sportlerin und ihrem Verband für wirksam erachtet. Vor dem staatlichen Gericht kann der Verband mithin erfolgreich die sog. Schiedseinrede nach § 1032 Abs. 1 ZPO erheben. Der Fall ist danach durch ein Urteil des CAS einer (weiteren) Entscheidung durch deutsche Gerichte entzogen, die Klage vor diesen unzulässig.

Verfassungsbeschwerde

Und genau hiergegen wehrt sich Claudia Pechstein nun mit einer Verfassungsbeschwerde. Praktisch gesehen bleibt der Fall damit in Karlsruhe, wo bekanntlich auch das Bundesverfassungsgericht seinen Sitz hat.

Aktueller Aufsatz in der nächsten Ausgabe der SchiedsVZ

Die spannende Frage, was hier vor dem Verfassungsgericht geltend gemacht werden könnte und wie die Erfolgsaussichten eines solchen Vorgehens sind, war Ausgangspunkt für einen Aufsatzbeitrag. Dieser wird unter dem Titel "Die Entscheidung über die Einrede der Schiedsvereinbarung nach § 1032 Abs. 1 ZPO als finaler verfassungs- und europarechtlicher Kontrollgegenstand – (K)ein Ende des Prozessmarathons im Fall Pechstein in Sicht?" in der kommenden Ausgabe 5/2016 in "Die neue Zeitschrift für Schiedsverfahren" (SchiedsVZ) veröffentlicht. Der Beitrag nimmt den Fall Pechstein zum Anlass, um die Schiedsvereinbarung im Allgemeinen und die hierauf nach § 1032 Abs. 1 ZPO gestützte Einrede im Speziellen im Kontext richterlicher Entscheidungsfindung nach Maßgabe höherrangiger (Grund-)Rechte darzustellen. Dabei suchen mein Mit-Autor Dominik Wedel (wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Kümmerlein) und ich nach finalen Verteidigungsmöglichkeiten gegenüber einer Entscheidung über die Einrede der Schiedsvereinbarung nach § 1032 Abs. 1 ZPO. Und das nicht nur in Karlsruhe...