Eine alltägliche Situation im Wirtschaftsleben: Ein Unternehmen erhält ein Schreiben des Insolvenzverwalters über das Vermögen eines ehemaligen Kunden. Dieser fordert die Rückzahlung von Geldern, die das Unternehmen von dem jetzigen Insolvenzschuldner erhalten hatte und die nach Ansicht des Insolvenzverwalters der Insolvenzanfechtung unterliegen. Die Praxis zeigt, dass die Zahlungsaufforderung des Insolvenzverwalters beim Anfechtungsgegner häufig nicht nur auf Ablehnung, sondern auf blankes Unverständnis stößt: „Das Geld steht mir doch zu“, denkt er und wird doch zur Kasse gebeten.
Grundgedanke der Insolvenzanfechtung
Der Grund für diese – von dem einzelnen Betroffenen oftmals als ungerecht empfundene – Rückzahlungspflicht liegt im Ziel des Insolvenzverfahrens, nämlich in der gleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger aus dem Vermögen des Schuldners. Diese Gleichbehandlung wird gefährdet, wenn sich der Schuldner in Anbetracht der drohenden Insolvenz dazu entschließt, nur noch die Forderungen einzelner Gläubiger zu bedienen oder gar sein Vermögen „in Sicherheit zu bringen“. Wäre dies ohne Konsequenzen möglich, so bliebe für die Insolvenzgläubiger häufig überhaupt keine Masse mehr übrig. Um dies zu verhindern, gibt es die Insolvenzanfechtung: Nach den §§ 129 ff. InsO hat der Insolvenzverwalter die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen und in bestimmten Zeiträumen Vermögensverschiebungen, die für die Insolvenzmasse nachteilig sind, anzugreifen und die in anfechtbarer Weise erlangte Leistung vom jeweiligen Leistungsempfänger zurückzufordern.
Der Gesetzgeber schützt durch die Regelungen zur Insolvenzanfechtung die Gläubigergemeinschaft zulasten des einzelnen Gläubigers. Diesem bleibt nach der Rückgewährung der vom Insolvenzschuldner erlangten Leistungen nur die Möglichkeit, seine – nach der Rückgewährung wieder offene – Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden.
Anfechtungstatbestände genau prüfen
Ob aber tatsächlich eine Rückgewährpflicht des Anfechtungsgegners besteht, ist aber oftmals keineswegs so eindeutig, wie es der Insolvenzverwalter darstellt. Die §§ 129 ff. InsO enthalten detaillierte Regelungen zu den Anfechtungsrechten des Insolvenzverwalters, die durch eine umfassende und sich ständig weiter entwickelnde Rechtsprechung konkretisiert und ergänzt werden. Nicht selten beschränken sich Insolvenzverwalter auf eine formelhafte Wiedergabe des Gesetztextes und gerichtlicher Entscheidungen, ohne die Umstände des Einzelfalls hierunter zu subsumieren. Hiermit kommen sie ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht in ausreichendem Maße nach. Um die Begründetheit der vom Insolvenzverwalter geltend gemachten Forderungen und die diesbezüglichen Verteidigungsmöglichkeiten zuverlässig einschätzen zu können, empfiehlt es sich in aller Regel, anwaltlichen Rat einzuholen.