Kein Widerrufsrecht bei Prolongationen

Im Recht des Darlehenswiderrufs hatte sich der BGH kürzlich - erneut - mit folgender Frage zu befassen: Steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht auch bei einer bloßen Prolongationsvereinbarung zu, bei der zum Ablauf einer Zinsbindung lediglich neue Konditionen für einen neuen Zinsfestschreibungszeitraum festgelegt werden? Im Beschluss vom 15.01.2019 (Az.: XI ZR 202/18) hat der BGH diese Frage verneint.

Problemstellung

In langfristigen Immobiliardarlehensverträgen wird regelmäßig für einen ersten Zeitraum von etwa 5 oder 10 Jahren ein bestimmter Zinssatz festgeschrieben. Zum Ende der Zinsbindung trifft der Kunde sodann mit der Bank häufig eine neue Vereinbarung über eine neue Zinsbindung (sog. unechte Abschnittsfinanzierung). Bisweilen haben Kunden, die sich vom Darlehensvertrag lösen wollten, in der Vergangenheit den Versuch unternommen, die Prolongationsvereinbarung anzugreifen mit dem Einwand, sie hätten im Rahmen dieser Vereinbarung über ein Widerrufsrecht belehrt werden müssen, was nicht geschehen sei.

Kein verbraucherdarlehensvertragliches Widerrufsrecht

In einem Urteil vom 28.05.2013 (Az.: XI ZR 6/12) hatte der BGH bereits das Bestehen eines Widerrufsrechts verneint, wobei er allerdings ausführte, dass dem Verbraucher kein Widerrufsrecht nach den Vorschriften über Verbraucherdarlehensverträge zustünde. Eine Prolongation stehe einer Darlehensgewährung nicht gleich. Entscheidend für die Einordnung als Darlehensvertrag sei die Einräumung eines Kapitalnutzungsrechtes. Bei einer Prolongation im Rahmen einer unechten Abschnittsfinanzierung sei diese Voraussetzung nicht erfüllt.

Fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht?

Mancher Verbraucher hat vor dem Hintergrund des BGH-Urteils aus 2013 argumentiert, dass bei der Prolongation zwar kein Widerrufsrecht nach Verbraucherdarlehensrecht bestand, aber nach den Regelungen des Fernabsatzrechts. Denn die Vereinbarung sei - wie häufig in der Praxis - ohne persönlichen Kontakt zustande gekommen. Ein Teil der Rechtsprechung hatte dem Verbraucher in dieser Konstellation Recht gegeben, so etwa das Landgericht Nürnberg-Fürth.

Prolongation kein eigenständiger Vertrag

Im Beschluss vom 15.01.2019 hat der BGH deutlich gemacht, dass die Prolongationsvereinbarung kein Fernabsatzvertrag sei und somit auch ein Widerruf nach Fernabsatzrecht ausscheide. Der Prolongationsvereinbarung fehle die nötige Eigenständigkeit. Vielmehr sei das Darlehensverhältnis bestehend aus dem Ursprungsvertrag und der anschließenden Prolongationsvereinbarung als Einheit anzusehen. Fazit: Ein Widerrufsrecht kann sich nur auf den eigentlichen Darlehensvertrag beziehen, nicht aber auf Folgevereinbarungen.

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