Keine analoge Anwendung des § 179a AktG auf die Kommanditgesellschaft

Mit Urteil vom 08.01.2019 (Az.: II ZR 364/18) hat der BGH bereits entschieden, dass § 179a AktG nicht analog auf die GmbH anwendbar ist (siehe hier unseren Beitrag dazu). In einer aktuellen Entscheidung vom 15.02.2022 (Az.: II ZR 235/20) stellt er nunmehr klar, dass auch eine analoge Anwendung auf die Kommanditgesellschaft ausscheidet. Damit wendet sich der BGH nicht nur gegen eine Vielzahl anderslautender Literaturmeinungen, sondern gibt zugleich auch seine eigene, bislang gegenläufige Rechtsprechung auf (vgl. BGH, Urteil vom 08.07.1991, Az.: II ZR 246/90).

Die Begründung des BGH

Wie in seiner Entscheidung zur GmbH verneint der BGH auch hinsichtlich der Kommanditgesellschaft die für eine analoge Anwendung des § 179a AktG erforderliche planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage.

Zunächst gebe die Gesetzgebungsgeschichte von § 179a AktG keinen Anhaltspunkt für eine analoge Anwendung der Norm auf die Kommanditgesellschaft. Die aktienrechtliche Gesetzesentwicklung zeige lediglich einen auf die Aktionäre ausgerichteten Schutzzweck der Vorschrift.

Auch ein vergleichbarer Sachverhalt liege nicht vor. Dem Schutzanliegen von § 179a AktG, die gesellschaftsinterne Kontrolle der Geschäftsführung bei Gesamtvermögensgeschäften durch die Beteiligung der Gesellschafter zu gewährleisten, werde bei der Kommanditgesellschaft auch ohne entsprechende Anwendung der Norm durch einen gesetzlich verankerten Beschlussvorbehalt Rechnung getragen.

Zur Vornahme eines über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehenden Geschäfts muss die Geschäftsleitung gemäß § 116 Abs. 2, § 119 Abs. 1, § 161 Abs. 2, § 164 HGB bei der Kommanditgesellschaft einen zustimmenden Beschluss sämtlicher Gesellschafter unter Einschluss der Kommanditisten einholen, sofern nicht nach dem Gesellschaftsvertrag eine Mehrheitsentscheidung zulässig ist. Die rechtzeitige Beteiligung der Gesellschafter werde dadurch sichergestellt, dass die Geschäftsleitung das Geschäft den Kommanditisten gegenüber vor dem Abschluss offenzulegen und deren Stellungnahme abzuwarten hat.

Außergewöhnlich im Sinne des § 116 Abs. 1 und 2 HGB sind Geschäfte dann, wenn sie nach ihrem Inhalt und Zweck oder nach ihrer Bedeutung und den mit ihnen verbundenen Gefahren über den gewöhnlichen Rahmen des Geschäftsbetriebs der Gesellschaft hinausgehen. Die Verpflichtung zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens einer Kommanditgesellschaft erfülle in aller Regel diese Voraussetzungen.

Nichts anderes würde gelten, wenn man ein Gesamtvermögensgeschäft als Grundlagengeschäft einordnen würde. Denn auch ein Grundlagengeschäft setze einen Beschluss aller Gesellschafter voraus, sofern nicht nach dem Gesellschaftsvertrag eine Mehrheitsentscheidung zulässig ist.

Auch seien die strukturellen Unterschiede zur Aktiengesellschaft derart ausgeprägt, dass dies ebenfalls gegen eine entsprechende Anwendung von § 179a AktG auf die Kommanditgesellschaft spreche. Im Unterschied zu der auf Machtbalance der einzelnen Organe abzielenden und die Aktionäre von der unmittelbaren Einflussnahme auf die Geschäftsführung der Gesellschaft ausschließenden Verfassung der Aktiengesellschaft sei der unmittelbare Einfluss der Kommanditisten auf die Geschäftsführung erheblich. Im Hinblick auf die hieraus folgende geringere Schutzbedürftigkeit der Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft sei eine Analogie abzulehnen.

Gegen eine Analogie spreche zudem, dass diese ohne unmittelbare gesetzliche Grundlage ein tragendes Prinzip des Rechts der Handelsgesellschaften gefährden würde. Der Gesetzgeber habe gerade bei den Handelsgesellschaften den Umfang der organschaftlichen Vertretungsbefugnis zwingend festgelegt. Dieser Gedanke erlange bei der Kommanditgesellschaft besonderes Gewicht, weil der jeweilige Vertragspartner der Gesellschaft das Vorliegen eines Gesamtvermögensgeschäfts in der Regel nicht zuverlässig beurteilen könne. Hinzu komme, dass der Rechtsverkehr bei den Personengesellschaften typischerweise von einer engeren internen Abstimmung zwischen Geschäftsführern und Gesellschaftern als bei einer Aktiengesellschaft ausgehen könne, was in die Abwägung mit dem Schutzbedürfnis der Gesellschafter einzustellen sei.

Fazit

Nach der Entscheidung zur GmbH ist es konsequent, dass der BGH nunmehr auch bei Kommanditgesellschaften eine analoge Anwendung von § 179a AktG ablehnt. Die aufgrund der früheren, abweichenden Haltung des BGH sowie anderslautender Literaturstimmen bestehende Rechtsunsicherheit konnte damit beseitigt werden.

Es dürfte damit zukünftig in vergleichbaren Konstellationen insbesondere darauf ankommen, ob ein Missbrauch der Vertretungsmacht angenommen werden kann und der Vertragspartner diesen kennt oder er sich ihm hätte aufdrängen müssen. Andernfalls verbleiben wohl allenfalls Schadensersatzansprüche gegen den Geschäftsleiter.

Ausdrücklich offengelassen hat der BGH allerdings, ob eine entsprechende Anwendung von § 179a AktG auf die Kommanditgesellschaft auch bei Publikumspersonengesellschaften ausscheidet, bei denen die Struktur einer Aktiengesellschaft angenähert ist und die Einwirkungsmöglichkeiten des Kommanditisten denjenigen eines Aktionärs vergleichbar gering sind.