Keine Pflicht zur Zustimmung des Betriebsrates bei spontanen Überstunden

Wenn im Betrieb des Arbeitgebers ein Betriebsrat besteht, ist oft unklar, ob der Betriebsrat bei Überstunden der Mitarbeiter zuzustimmen hat. Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) muss der Betriebsrat stets bei vorübergehender Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit mitbestimmen und damit zustimmen. Der Gesetzgeber billigt dem Betriebsrat damit zum Unmut vieler Arbeitgeber ein weitgehendes, insbesondere voraussetzungslose Verweigerungsrecht bei Überstunden zu. Im Falle von Überstunden, die durch den Arbeitgeber angeordnet wurden, liegt fast immer eine Zustimmungsnotwendigkeit vor. Eine Ausnahme gilt hier nur bei echten Notfällen, wie bspw. Bränden, Überschwemmungen oder Explosionsgefahren. Die Überstunden müssen jedoch mehrere Personen bzw. eine Gruppe betreffen. Eine Anordnung in einem eng begrenzten Einzelfall gegenüber einem einzigen Mitarbeiter ist in der Regel nicht zustimmungsbedürftig.

Zustimmung auch bei Duldung von nicht angeordneten Überstunden

Der Betriebsrat ist auch zu beteiligen, wenn die Mitarbeiter Überstunden leisten, ohne dass diese durch den Arbeitgeber angeordnet wurden. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Arbeitgeber diese Überstunden geduldet hat. Eine neue Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts präzisiert nun, wann eine solche Duldung von Überstunden vorliegt und wann nicht.

Kenntnis von den Überstunden und Untätigkeit

Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass eine zustimmungspflichtige Duldung von Überstunden nur dann vorliegt, wenn der Arbeitgeber von den (freiwilligen bzw. nicht angeordneten) Überstunden Kenntnis hatte und über längeren Zeitraum hinweg untätig bleibt. Mit der Untätigkeit ist allerdings gemeint, dass der Arbeitgeber den Grund für die Überstunden nicht beseitigt. Dies kann bspw. der Fall sein, wenn Überstunden wegen einer defekten Produktionsmaschine anfallen, weil dadurch die erforderliche Produktionsmenge nicht erreicht wird. Der Arbeitsgeber muss dann die Reparatur zügig durchführen, damit die Überstunden nicht mehr anfallen. Unterlässt er dies, liegen geduldete Überstunden vor, sodass der Betriebsrat diesen zustimmen muss. Eine Duldung kann sich auch bspw. daraus ergeben, dass der Arbeitgeber widerspruchslos vom Mitarbeiter gemeldete Überstunden bezahlt.

Weiß der Arbeitgeber jedoch gar nicht, dass Überstunden anfallen oder treten diese spontan auf, muss er hierfür keine Zustimmung des Betriebsrats einholen. Stehen bspw. Berufskraftfahrer in einem unerwarteten Stau aufgrund eines nicht vorhersehbaren Verkehrsunfalls und kommen diese daher erst nach dem regulären Ende der Arbeitszeit im Lager an, muss der Betriebsrat regelmäßig diesen Überstunden nicht, auch nicht nachträglich, zustimmen. Es bedarf in der Regel bspw. auch keiner Zustimmung des Betriebsrats, wenn eine Produktionsmaschine aufgrund eines einmaligen und spontanen Defekts ausfällt und daher am selbigen Tage länger gearbeitet werden muss.

Frage des Einzelfalls

Gleichwohl bleibt es dabei, dass es sich bei der Frage, ob spontane Überstunde, bei welcher der Betriebsrat zustimmen muss, vorliegt, um eine Einzelfallentscheidung handelt. Pauschale Urteile sind hier nicht möglich, zumal auch die Häufigkeit und Vorhersehbarkeit der spontanen Ereignisse relevant sind. Sind bspw. im obigen Fall der Berufskraftfahrer häufig Staus wegen des Feierabendverkehrs zu erwarten, kann dies zu einer Zustimmungspflicht des Betriebsrates führen. Es bedarf daher stets einer genauen Prüfung, ob die Zustimmung des Betriebsrats eingeholt werden muss, um ein Beschlussverfahren auf Unterlassung zu vermeiden. Dennoch stellt die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts eine erfreuliche und auch notwendige Beschränkung des Mitbestimmungsrechtes bei Überstunden dar.