Der Internationale Leichtathletik Verband (IAAF) hat ernst gemacht. Eine bereits bestehende Suspendierung des russischen Leichtathletik-Teams wurde aufrechterhalten und zwar auf unbestimmte Zeit. Der Grund im Kern: flächendeckendes, staatlich toleriertes, wenn nicht sogar systematisch „gefördertes“ Doping.
Leichtathleten voran
Die Folge: Ein ganzes Team droht in Rio statt durch Gold, Silber und Bronze durch Abstinenz zu glänzen. Und das ist noch nicht das Ende der olympischen Fahnenstange für die Russen. Nun erwägt das Internationale Olympische Komitee (IOC) sogar, die gesamte russische Mannschaft von den Spielen in Rio (5. bis 21. August) auszuschließen.
Fakten: Korruption, Täuschung und Betrug
Traut man den veröffentlichten Fakten, sagen einem der gesunde Menschenverstand und das professionelle Judiz: Richtig und recht so:
- Nach Ermittlungen und entsprechenden Berichten der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) gab es in der russischen Leichtathletik flächendeckendes, systematisches Doping.
- Ein Netz von korrupten Funktionären im Verband und bei der russischen Anti-Doping-Agentur (RUSADA) sowie Trainern hat positive Kontrollen vertuscht und verhindert. Athleten (bzw. deren Hintermänner) konnten sich von Tests oder von Verdachtsfällen gegen Zahlung freikaufen.
- Es wurde Besserung von staatlicher Seite versprochen (Sportminister Wladimir Mutko kündigte Reformen an), passiert ist laut WADA wohl wenig.
- Zahlreiche Dopingkontrollen konnten nicht durchgeführt werden, Anti-Doping-Kontrolleure sind angeblich von Beamten des russischen Geheimdiensts FSB eingeschüchtert worden.
Und das sind nur die jüngst bekanntgewordenen Highlights.
Ausschluss rechtlich haltbar?
Ist es dennoch richtig und rechtlich haltbar, gleich die Athleten einer ganzen Nation von den Spielen in Rio auszusperren? Diese Frage wird das IOC zeitnah entscheiden (müssen). Klar ist, dass mit dieser Sanktion auch Sportler getroffen werden, die individuell nicht gegen die Regeln des Anti-Doping-Codes der WADA (WADA-Code) bzw. diesem nachgeschaltete (nationale wie internationale) Regeln verstoßen haben. Das erscheint ungerecht.
Dennoch, die Regeln des IOC und der WADA sehen für derartige Fälle den Ausschluss (auf Zeit) vor. Und das IOC tut gut daran, der IAAF zu folgen und von den bestehenden Regeln Gebrauch zu machen. Es geht nicht nur um russische Athleten, es geht auch um alle anderen Sportler aus Nationen (wie Deutschland), in denen die Kontrollsysteme regelkonform ablaufen. Es geht letztlich um die olympische Idee, die hier auf dem Spiel steht. Einzelfallgerechtigkeit kann und wird auf anderer Ebene, ggf. unter Einschaltung des Internationalen Sportgerichtshofs (CAS) hergestellt werden.
Compliance „must have“ im Sport
Wie in zahlreichen anderen jüngeren Zusammenhängen („FIFA-Skandal“ oder „WM 2006-Affäre“) zeigt sich: Auch der organisierte und professionelle Sport kommt ohne Compliance-Systeme dauerhaft nicht aus. Und ein funktionierendes Compliance-System sieht nicht nur Regeln und die Kontrolle von deren Einhaltung, sondern auch die angemessene Sanktion im Falle eines Verstoßes gegen die Regeln vor. Denn sonst läuft das System leer. Also: Pause zum Aufklären und Abstellen für Russland, Wiedervorlage im nächsten Olympia-Zyklus.