KG: Netflix Preiserhöhungsklausel unzulässig

Das Kammergericht Berlin kam in einer nunmehr von der Verbraucherzentrale Bundesverband veröffentlichten Entscheidung zu dem Ergebnis, dass die in den Nutzungsbedingungen von Netflix enthaltene Preisänderungsklausel unzulässig ist.

KG, Urteil vom 20.12.2019, Az.: 5 U 24/19.

In dem Verfahren stritten die Verbraucherzentrale Bundesverband und der Streaminganbieter um die Wirksamkeit der Preisänderungsklausel, die folgende Preisanpassungsmöglichkeit vorsah:

„Unser Abo-Angebot und die Preise für den Netflix-Dienst können sich gelegentlich ändern. Sie werden jedoch mindestens 30 Tage vor deren Inkrafttreten über jegliche Änderungen an den Preisen und unserem Abo-Angebot informiert.“

Erfolg für Netflix in erster Instanz

In der ersten Instanz entschied das Landgericht Berlin noch zu Gunsten des Streaminanbieters, dass die Preianpassungsklausel zulässig sei, da der Nutzer rechtzeitig informiert und dann frei kündigen könne. Das LG berief sich dabei auf die Rechtsprechung des BGH, nach der Preisanspassungsklauseln auch in AGB unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein können.

Unangemessene Benachteiligung der Verbraucher

Im Berufungsverfahren sah das KG die Voraussetzungen aus der BGH-Rechtsprechung jedoch als nicht erfüllt an und entschied, dass die vorstehend genannte Klausel den Verbraucher unangemessen benachteilige. Preisanspassungsklauseln sind nach der Entscheidung des KG danach nicht mehr zulässig, 

„wenn die Preisanpassungsklausel es dem Verwender ermöglicht, über die Abwälzung konkreter Konstensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen.“

KG, Urteil vom 20.12.2019, Az.: 5 U 24/19.

Das Berufungsgericht begründete die unangemessene Benachteiligung mit einem Verstoß gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, weil gegenüber dem Kunden nicht transparent offengelegt werde, wann und in welchem Umfang der Preis erhöht wird. Dies knüpft an die Rechtsprechung des BGH zu Preisänderungsklauseln von Pay TV Anbietern an, nach der Preisanpassungsklauseln kritisch gesehen werden, wenn sie „weder die Voraussetzungen noch den Umfang einer Preiserhöhung näher regeln“.

BGH, Urteil vom 15.11.2007, Az.: III ZR 247/06.

Die angegriffene Klausel des Streaminanbieters nannte jedoch weder die Voraussetzungen, noch die mögliche Höhe. Die Preisanpassung wurde vielmehr vollständig in das Belieben des Anbieters gestellt.

Das Gericht kritisierte dabei auch, dass die Klausel „einen unkontrollierbaren Preiserhöhungsspielraum“ eröffne. Hierbei sei es maßgeblich, dass „Preiserhöhungen nicht auf den Umfang der Kostensteigerung begrenzt“ und auch dann Preiserhöhungen möglich seien, „wenn der Anstieg eines Kostenfaktors durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird“.

Kündigungsmöglichkeit unerheblich

Nach der Entscheidung des KG kommt es dabei nicht drauf an, dass der Verbraucher nach den Nutzungsbedingungen des Streaming-Dienstes die Möglichkeit hat, die Mitgliedschaft (also das Vertragsverhältnis) jederzeit zu kündigen. Dieser Aspekt wurde mit der Pay TV Rechtsprechung des BGH allerdings bislang nicht abschließend entschieden. Es bleibt daher abzuwarten, ob sich der BGH einer solchen Entscheidung anschließen würde. Hierbei geht es letztlich um die Frage, ob und in welchem Maße davon ausgegangen werden kann, dass der Verbraucher tatsächlich ein Kündigungsrecht nutzen würde.

Handlungsempfehlung

Mit der Entscheidung zeigt sich, dass Preisanpassungsklauseln stets an den jeweiligen Einzelfall angepasst werden sollten und sich pauschale Muster-Ansätze nicht eignen, um die konkreten Umstände des Einzelfalls abzudecken und der Rechtsprechung gerecht zu werden.

Für die Unternehmen bedeutet dies, dass die Preisanpassungsklauseln in den AGB kontrolliert werden sollten. Hierbei sollten die folgenden Grundregeln der Rechtsprechung berücksichtigt werden:

  1. Anlassbezogenheit: Preisänderungsklauseln sind nur als Reaktion auf Kostensteigerungen (unter Saldierung von Kostensteigerungen und Einsparungen) oder unter Anknüpfung an objektive und überprüfbare Maßstäbe zulässig.
  2. Transparenz: Der Verbraucher muss erkennen können, wann es zu einer Preisänderung kommen kann, wonach sie sich berechnet und bis zu welcher Höhe Preisanpassungen vorgenommen werden können.