Äußerungen auf dem privaten Facebook-Account eines Arbeitnehmers mit rassistischem Inhalt können jedenfalls dann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, wenn sich aus dem Facebook-Nutzerkonto ergibt, dass der Arbeitnehmer bei dem Arbeitgeber beschäftigt ist und die Äußerung ruf- und geschäftsschädigend sein kann.
Sachverhalt
Der Kläger teilte auf seinem Facebook-Account ein Bild, das das Eingangstor des KZ Auschwitz mit der Tor-Überschrift „Arbeit macht frei“ zeigte. Darunter war der Text „Polen ist bereit für die Flüchtlingsaufnahme“ zu lesen. Das Facebook-Nutzerkonto führte er unter einem Pseudonym und gab u.a. den Namen seines Arbeitgebers an. Außerdem war ein Foto zu sehen, auf dem er in Unternehmenskleidung an einem Triebwagen seines Arbeitgebers lehnte. Der Betriebsrat wies den Arbeitgeber auf das Bild hin. Daraufhin erhielt der Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme, löschte das besagte Bild noch am selben Tag und entschuldigte sich schriftlich „für diese unüberlegte und dumme Tat von Herzen“. Ihm sei nicht klar gewesen, was er mit dieser „blöden Aktion“ anrichte. Ihm wurde außerordentlich nach § 626 Abs. 1 BGB, hilfsweise ordentlich gekündigt.
Entscheidung des Arbeitsgerichts Mannheim
Das Arbeitsgericht Mannheim gab der erhobenen Kündigungsschutzklage statt und hielt sowohl die außerordentliche als auch die ordentliche Kündigung für unwirksam.
Das Foto und der Text seien als Werturteil zu qualifizieren, das in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit falle. Allerdings habe der Kläger seine Nebenpflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt, was grundsätzlich eine Kündigung rechtfertigen könne. Beim Betrachten des Fotos samt Text dränge sich die Aussage auf, dass Flüchtlinge in ein „Arbeitslager“ gebracht werden und dort möglicherweise auch nicht mehr lebend herauskommen sollen. Allein schon die vom geschichtlichen Kontext losgelöste Verwendung des Symbols und des jedermann bekannten Satzes „Arbeit macht frei“ sei in Deutschland tabuüberschreitend. Da dem Profil zu entnehmen war, wo der Kläger beschäftigt ist, könne der Arbeitgeber mit der Äußerung des Arbeitnehmers in Verbindung gebracht werden. Das könne sich als äußerst ruf- und geschäftsschädigend erweisen. Im Rahmen der Interessenabwägung wertete das Arbeitsgericht jedoch zu Gunsten des Klägers dessen 14-jährige beanstandungsfreie Betriebszugehörigkeit sowie die Tatsache, dass er das Foto umgehend gelöscht und sich für sein Verhalten entschuldigt hatte. Gegen das Urteil hat der Arbeitgeber Berufung eingelegt.
Praxishinweis
Die nicht rechtskräftige Entscheidung führt einmal mehr die Bedeutung der Interessenabwägung im Kündigungsschutzprozess vor Augen und zeigt, dass es keine absoluten Kündigungsgründe gibt. Selbst bei einem besonders schwerwiegenden Fehlverhalten wird jede Kündigung auf ihre Angemessenheit hin überprüft. Jedes Arbeitsgericht wird hier zu Gunsten des Arbeitnehmers u.a. eine lange Betriebszugehörigkeit sowie ernst gemeinte Entschuldigungen im Nachgang berücksichtigen.