Lex Brexit: Bestandsschutz für Risikoträger entfällt

Am 21.02.2019 stimmte der Bundestag dem Entwurf eines Gesetzes über steuerliche und weitere Begleitregelungen zum Austritt des Vereinigten Königsreiches Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union ("Brexit-Steuerbegleitgesetz" - BT-Drs. 19/7377) zu. Es wird erwartet, dass die Zustimmung des Bundesrats am 15.03.2019 folgen wird, sodass das Gesetz pünktlich zum 29.03.2019 Inkrafttreten kann. Arbeitsrechtliche Brisanz erlangt der Gesetzesentwurf aufgrund der enthaltenen Änderung von § 25a Kreditwesengesetz (KWG) zur Erleichterung von Kündigungen sogenannter Risikoträger in bedeutenden Kreditinstituten, welche beispielsweise von dem Deutschen Gewerkschaftsbund und ver.di entschieden abgelehnt wurde.

Hintergrund der Gesetzesänderung

Voraussichtlich zum 29.03.2019 scheidet das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland im Zuge des Austrittsverfahrens aus der Europäischen Union aus ("Brexit"). Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind etliche Fragen zum Austritt noch ungeklärt. Unruhe herrscht unter anderem im Finanzsektor, insbesondere bei in London ansässigen Banken. Um im Falle eines "harten Brexits" (ohne Übergangsregelungen) weiterhin ungehinderten Zugang zum Finanzmarkt der Europäischen Union zu erhalten, benötigen Banken nämlich einen Sitz innerhalb der Europäischen Union.

Die Bundesregierung beabsichtigt mit der nun verabschiedeten Gesetzesänderung, die in London ansässigen Banken im Zuge des Brexits durch einen gelockerten Kündigungsschutz von Risikoträgern an den Finanzstandort Frankfurt zu locken.

Abfindungsschutz ersetzt Bestandsschutz

Grundsätzlich muss die Kündigung eines Arbeitnehmers - unabhängig von dessen Gehalt- gemäß § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sozial gerechtfertigt sein und bedarf insofern zu ihrer Wirksamkeit eines Kündigungsgrundes. Unter den Voraussetzungen von § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG können Arbeitgeber allerdings im Kündigungsschutzprozess auch einen sog. Auflösungsantrag stellen. Diesbezüglich ist erforderlich, dass Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Für das Vorliegen der entsprechenden Gründe ist der Arbeitgeber beweisbelastet. Das Arbeitsgericht kann auf diesen Antrag hin das Arbeitsverhältnis - trotz unwirksamer Kündigung - auflösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung verurteilen (§ 10 KSchG).

Durch die Änderung von § 25a KWG bedarf ein solcher Auflösungsantrag für Risikoträger im Kündigungsschutzprozess keiner Begründung durch den Arbeitgeber mehr. Für Arbeitgeber entfällt damit das Weiterbeschäftigungsrisiko auch im Falle einer unwirksamen Kündigung, da man sich durch Zahlung einer Abfindung mittels Auflösungsantrag vom Arbeitnehmer trennen kann.

Wann greift § 25a KWG?

§ 25a KWG sieht folgende Voraussetzungen vor:

· Risikoträgereigenschaft des Arbeitnehmers - § 1 Abs. 21 KWG definiert Risikoträger als Mitarbeiter, deren berufliche Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil eines Instituts auswirkt

· Die jährliche fixe Vergütung des Risikoträgers überschreitet das Dreifache der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (derzeit West: EUR 241.200 / Ost: EUR 221.400)

· Der Arbeitgeber muss ein bedeutendes Institut sein - Nach § 25n KWG handelt es sich grundsätzlich um ein bedeutendes Institut, wenn die Bilanzsumme im Durchschnitt zu den jeweiligen Stichtagen der letzten drei Geschäftsjähre 15 Milliarden Euro erreicht oder überschreitet

Das Gesetz sieht einen Übergangszeitraum von acht Monaten (§ 64m KWG) nach Inkrafttreten des Gesetzes vor, sodass die Regelung erst für Kündigungen ab dem 29.11.2019 gelten dürfte.

Mitteilungspflicht über Risikoträgerstellung

Vorgesehen ist, dass der Arbeitgeber die betroffenen Arbeitnehmer anhand einer Risikoanalyse ermittelt und ihnen deklaratorisch die Einstufung als Risikoträger mitteilen muss (§ 25a Abs. 5b Satz 3 KWG). Begründet wird die Eigenschaft als Risikoträger durch die Mitteilung jedoch nicht.

Auswirkungen für die Praxis

Die Gesetzesänderung weicht den gesetzlichen Kündigungsschutz für Risikoträger auf und führt dazu, dass für betroffene Personen - auch in bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen - faktisch nur noch ein Abfindungsschutz besteht. In der Folge dürfte die Trennung von Risikoträgern für Kreditinstitute finanziell deutlich kalkulierbarer werden (§ 10 KSchG - max. 18 Bruttomonatsverdienste).