Liebe kennt keine Grenzen – das Recht schon: Neue Regelungen für Ehen mit Auslandsbezug

Sie sind in der heutigen Gesellschaft keine Seltenheit: Ehen, in denen die Partner nicht die gleiche Staatsangehörigkeit haben, im Ausland leben oder ihre Ehe vor einem ausländischen Gericht geschlossen haben.

Auch wenn dies - verständlicher Weise - der Vorstellung der Partner von einer romantischen Hochzeit zuwiderläuft und daher im Rahmen der Ehevorbereitung häufig vernachlässigt wird, so empfiehlt es sich insbesondere für Ehen mit Auslandsbezug, immer auch die rechtlichen Grundlagen im Auge zu behalten und sich rechtzeitig über mögliche und u.U. gebotene Gestaltungen zu informieren. Dies gilt zum einen für die allgemeine Frage, welchen rechtlichen Regelungen die Ehe unterliegt und welche Rechtsfolgen sich hieraus für das Zusammenleben der Ehegatten sowie das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen ergeben, als auch für eine etwaige spätere Scheidung und die damit zusammenhängenden Rechtsfolgen. Da insbesondere die gesetzlichen Regelungen über die Zuordnung des während der Ehe erwirtschafteten Vermögens in den Mitgliedsstaaten z.T. sehr unterschiedlich sind, kann die Wahl des anzuwendenden Rechts für die Ehegatten u.U. von großer Bedeutung sein.

Die neue europäische Güterrechtsverordnung

Zur Vereinfachung der bisher sehr komplexen Regelungen gilt in diesem Bereich ab dem 29.01.2019 die neue europäische Güterrechtsverordnung (EUGüVO), die einheitliche, für die teilnehmenden EU-Mitgliedsstaaten[1] verbindliche Regelungen zu folgenden Fragen enthält:

  • anwendbares Güterrecht
  • Bestimmung der internationalen Zuständigkeit von Gerichten in Gütersachen
  • Anerkennung und Vollstreckung von güterrechtlichen Entscheidungen unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

Für wen gelten die neuen Regelungen?

Soweit es um die Frage geht, welches Recht anzuwenden ist, gilt die Verordnung für Ehegatten, die am 29.1.2019 oder später geheiratet oder eine Rechtswahl hinsichtlich ihres Güterstatuts getroffen haben. Für Ehen bzw. Rechtswahlvereinbarungen, die vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen wurden, gelten die bisherigen Vorschriften des internationalen Privatrechts (Kollisionsrechts) der Mitgliedsstaaten.

In Bezug auf Zuständigkeitsfragen sowie die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen gilt die Verordnung für Verfahren, öffentliche Urkunden und Vergleiche, die am 29.01.2019 oder danach eingeleitet, förmlich errichtet bzw. gebilligt oder geschlossen worden sind. Für ältere Entscheidungen gelten bzgl. der Anerkennung die jeweiligen spezialgesetzlichen Regelungen des Mitgliedsstaats, in dem die Anerkennung beantragt wird; in Deutschland sind dies die §§ 107 ff. FamFG, die ein besonderes Anerkennungsverfahren vorsehen.

Was regelt die neue EUGüVO?

1. Anwendbares Güterrecht

· Die wohl bedeutendste Änderung gegenüber der derzeit in Deutschland geltenden Rechtslage ist, dass - sofern die Ehegatten keine anderweitige Rechtswahl treffen - das anwendbare Ehegüterrecht nach den neuen Anknüpfungsregelungen der EUGüVO vorrangig nach dem ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten und nur noch nachrangig nach der gemeinsamen Staatsangehörigkeit bestimmt wird:

Nach dem derzeit geltenden deutschen Kollisionsrecht bestimmt sich das anwendbare Ehegüterrecht primär nach der gemeinsamen Staatsangehörigkeit beider Ehegatten; bei unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten kommt es - auf der zweiten Stufe - auf den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Eheschließung an. Haben die Ehegatten bei Eheschließung weder eine gemeinsame Staatsangehörigkeit noch einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt, kommt es bisher auf der dritten Stufe darauf an, zu welchem Staat die Ehegatten die engste gemeinsame Verbindung haben.

Im Unterschied dazu unterliegt nach Art. 26 Abs. 1 EuGüVO der eheliche Güterstand künftig primär dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten nach der Eheschließung (nicht notwendig schon bei der Eheschließung) ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dies hat zur Folge, dass z.B. die güterrechtlichen Verhältnisse von zwei deutschen Staatsangehörigen, die nach dem 29.01.2019 in Deutschland die Ehe schließen, aber kurz nach der Eheschließung aus beruflichen Gründen gemeinsam nach Brüssel ziehen, grundsätzlich auf Dauer belgischem Recht unterliegen. Umgekehrt zum bisher geltenden deutschen Kollisionsrecht wird nur bei Fehlen eines ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts nach der Eheschließung an die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Ehegatten angeknüpft.

Auch ist der europäische Güterrechtsbegriff gem. Art. 27 EUGüVO weiter gefasst als der bisher in Deutschland maßgebliche Güterrechtsbegriff des deutschen Kollisionsrechts. Zukünftig unterfallen dem Güterstatut somit sämtliche vermögensrechtlichen Regelungen, die zwischen den Ehegatten und in ihren Beziehungen zu Dritten aufgrund der Ehe oder der Auflösung der Ehe gelten, wie z.B. Haftungsfragen zwischen Ehegatten, Fragen der Vermögensverwaltung oder die güterrechtliche Auseinandersetzung, insbesondere infolge der Trennung oder des Todes. Umfasst ist darüber hinaus die Frage, ob eine vertragliche Vereinbarung über den Güterstand materiell wirksam ist.

· Darüber hinaus eröffnet Art. 22 EUGüVO den Ehegatten - wie auch das bisher geltende deutsche Kollisionsrecht - die Möglichkeit, das für ihre Ehe anwendbare Güterrecht vor, bei oder nach Eheschließung durch Rechtswahl zu bestimmen. Wählbar ist - wie bisher - (a) das Recht des Staates des gemeinsamen Aufenthalts im Zeitpunkt der Rechtswahl, (b) das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts eines der Ehegatten im Zeitpunkt der Rechtswahl oder (c) das Recht eines Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt. Hingegen entfällt unter der EuGüVO die nach bisherigem deutschem Kollisionsrecht bestehende Möglichkeit der Ehegatten, für unbewegliches Vermögen (Immobilien) das Recht des Lageortes zu wählen.

2. Bestimmung der internationalen Zuständigkeit von Gerichten

Erstmals werden durch die EUGüVO einheitliche gerichtliche Zuständigkeitsregelungen geschaffen, die für die Einleitung von Verfahren, die den ehelichen Güterstand betreffen, verbindlich sind:

· Für den Fall, dass bereits eine Nachlass- oder Ehesache vor dem Gericht eines Mitgliedsstaats gerichtlich anhängig ist, ist das angerufene Gericht gem. Art. 4 bzw. 5 EUGüVO auch für sämtliche güterrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der bereits anhängigen Nachlass- bzw. Ehesache zuständig (sog. akzessorischer Gerichtsstand).

· Soweit kein akzessorischer Gerichtsstand eröffnet ist, sieht Art. 6 EuGüVO zur Bestimmung des zuständigen Gerichts wiederum verschiedene Anknüpfungstatbestände vor, wobei primär das Gericht des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts sowie nachrangig (a) das Gericht des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts, (b) das Gericht des Staats, in dem sich der Antragsgegner gewöhnlich aufhält und (c) äußerst hilfsweise das Gericht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit zuständig ist.

· Ferner können die Ehegatten - soweit nicht ein akzessorischer Gerichtsstand (s.o.) zwingend zu beachten ist - jederzeit eine schriftliche Gerichtsstandsvereinbarung treffen, Art. 7 EUGüVO.

3. Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union

Im Güterrecht fehlte es bislang hinsichtlich einer Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen an einer einheitlichen Regelung auf europäischer Ebene. Eine solche ist nunmehr ebenfalls mit Inkrafttreten der EUGüVO geschaffen worden.

Als Grundsatz bestimmt Art. 36 EUGüVO insoweit, dass die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Die Anerkennung kann daher vor jedem Gericht eines Mitgliedsstaates beantragt werden, soweit die anzuerkennende Entscheidung für das Verfahren wesentlich ist. Nicht anerkennungsfähig sind lediglich z.B. Entscheidungen, die offensichtlich gegen die öffentliche Ordnung des anerkennenden Mitgliedsstaats verstoßen würden oder die im Widerspruch zu einer in der gleichen Sache ergangenen Entscheidung im anerkennenden Mitgliedsstaat stehen. Darüber hinaus sind die in einem Mitgliedstaat ergangenen und in diesem Staat vollstreckbaren Entscheidungen in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckbar, wenn sie auf Antrag eines Berechtigten dort nach den Verfahren der Artikel 44 bis 57 EUGüVO für vollstreckbar erklärt worden sind.

Selbstverständlich können die vorstehenden Ausführungen nur einen groben, unvollständigen Überblick über die Neuregelungen sowie die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen und Problemstellungen geben, deren ausführliche Darstellung den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde. Sollten Sie Fragen oder Beratungsbedarf haben, sprechen Sie uns gern an.


[1] Belgien, Bulgarien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Slowenien, Spanien, Tschechien, Zypern

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