Auch knapp vier Jahre nach Einführung des Mindestlohngesetzes (MiLoG) beschäftigen dessen Auswirkungen weiterhin die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung. Dabei geht es nicht mehr nur noch um den eigentlichen Mindestlohnanspruch, sondern mittlerweile auch um sonstige Auswirkungen der gesetzlichen Regelungen. So musste das Bundesarbeitsgericht im vergangenen Monat (Urteil vom 18.09.2018 - 9 AZR 162/18) entscheiden, ob die in Arbeitsverträgen typischen Verfallklauseln ab der Einführung des Mindestlohngesetzes hätten geändert werden müssen.
Hintergrund
Eine Vielzahl von Arbeitsverträgen enthält sogenannte Verfallklauseln. Hiernach sind Ansprüche innerhalb einer Frist von mindestens drei Monaten geltend zu machen; ansonsten verfallen sie. Hierdurch soll möglichst schnell Rechtssicherheit innerhalb des Arbeitsverhältnisses eintreten.
Um den Mindestlohn nicht der Disposition der Arbeitsvertragsparteien zu unterwerfen und damit das gesetzgeberische Ziel einer Mindestvergütung auch tatsächlich erreichen zu können, enthält § 3 MiLoG eine Regelung zu dessen Unabdingbarkeit. Hiernach dürfen die Arbeitsvertragsparteien den Anspruch auf den Mindestlohn weder beschränken noch ausschließen; Arbeitnehmer können grundsätzlich auf den Mindestlohn nicht verzichten. Schließlich ist die Verwirkung des Anspruches per Gesetz geschlossen.
Seit Einführung des Mindestlohngesetzes war vor dem Hintergrund der Regelungen des § 3 streitig, ob es für die Wirksamkeit von Verfallklauseln zwingend ist, dass der Anspruch auf den Mindestlohn explizit hierin ausgenommen wird oder ob ein solcher expliziter Hinweis wegen der gesetzlichen Anordnung der Unabdingbarkeit des Mindestlohnanspruches überflüssig ist.
Genau diese Fragen hat das Bundesarbeitsgericht nunmehr beantwortet.
Entscheidung des Bundesarbeitsgericht
Das Bundesarbeitsgericht musste sich mit einer Konstellation befassen, in der ein Arbeitnehmer nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses eine finanzielle Abgeltung für nicht genommenen Urlaub geltend gemacht hatte. Der vormalige Arbeitgeber berief sich auf die im Arbeitsvertrag aus dem Jahre 2015 geregelte Verfallklausel. Diese enthielt - wie so viele - keine explizite Ausnahme für Mindestlohnansprüche. Hierauf verwies der vormalige Arbeitnehmer und stellte sich auf den Standpunkt, dass die Verfallklausel daher unwirksam sei.
Das Bundesarbeitsgericht gab dem Arbeitnehmer Recht. Die Verfallklausel verstoße gegen das in § 307 Abs. 7 S. 2 BGB enthaltene Transparenzgebot. Hiernach sind Bestimmungen im allgemeinen Geschäftsbedingungen (hierunter fallen auch Arbeitsverträge) unwirksam, wenn sie nicht klar und verständlich sind. Da die Verfallklausel die gesetzlich angeordnete Unabdingbarkeit des Mindestlohnanspruchs (§ 3 MiLoG) nicht benenne, wirke es so, als wäre der Mindestlohnanspruch auch von der Verfallklausel erfasst, sodass ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vorläge. Zumindest bei Verfallklauseln in Arbeitsverträgen, die nach Einführung des Mindestlohngesetzes (01.01.2015) geschlossen wurden, müsse der Mindestlohnanspruch explizit ausgenommen werden; andernfalls sei die gesamte Verfallklausel unwirksam.
Fazit
Nunmehr ist somit geklärt, dass der Mindestlohnanspruch in arbeitsvertraglichen Verfallklauseln, die ab dem 01.01.2015 vereinbart wurden, expliziten ausgenommen werden muss. Arbeitgeber sind gut beraten, ihre Arbeitsvertragsmuster daraufhin noch einmal zu überprüfen und diese ggf. anzupassen.