Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung - Umsatzsteuerpflicht?!

Im Wirtschaftsleben sind Vertragsinhalte regelmäßig in der eigenen Bilanz abzubilden. Dementsprechend werden Verträge oftmals auch unter Berücksichtigung der bilanziellen Folgen der vertraglichen Pflichten (z.B. zwecks Aufdeckung stiller Reserven oder deren Vermeidung) gestaltet. Der Bundesfinanzhof hat kürzlich entschieden (BFH, Urteil vom 06.04.2016, V R 12/15), dass die Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung eines Vertragspartner als umsatzsteuerpflichtige Leistung beurteilt werden kann.

Hintergrund

Leasingverträge sind dadurch gekennzeichnet, dass ein oder mehrere Gegenstände gegen Zahlung von Leasingraten von einem Leasinggeber an einen Leasingnehmer zur Nutzung überlassen werden. In Abgrenzung zu Mietverträgen trägt der Leasingnehmer regelmäßig die Gefahr für den Untergang oder die Beschädigung des Leasinggegenstands. Je nach Gestaltung des Leasingverhältnisses ist der Leasinggegenstand dem Leasinggeber oder Leasingnehmer als (wirtschaftlicher) Eigentümer handelsbilanziell und ertragsteuerlich zuzurechnen. Aus umsatzsteuerlicher Sicht stellt sich aufgrund der leasingtypischen Gefahrtragung die Frage, ob Leasingverträge eine steuerbare Lieferung (§ 3 Abs. 1 UStG) oder eine sonstige Leistung (§ 3 Abs. 9 UStG) begründen. Die Übergabe eines Leasinggegenstands vom Leasinggeber an den Leasingnehmer ist (nur) dann eine Lieferung, wenn der Leasingnehmer nach den vertraglichen Vereinbarungen und deren tatsächlicher Durchführung berechtigt ist, wie ein Eigentümer über den Leasinggegenstand zu verfügen. Dies setzt voraus, dass die Verfügungsmacht an dem Leasinggegenstand (zuvor) bei dem Leasinggeber lag.

Sonderfall: Sale-and-lease-back

Bei einem sale-and-lease-back-Geschäft veräußert zunächst der spätere Leasingnehmer den Leasinggegenstand an den Leasinggeber, bevor dieser dem Leasingnehmer den Gegenstand zur Nutzung überlässt. In diesem Fall ist umsatzsteuerrechtlich zu prüfen, ob sowohl im Rahmen der Eigentumsübertragung als auch im Rahmen der Nutzungsüberlassung jeweils eine Lieferung vorliegt oder ob die Eigentumsübertragung lediglich Sicherungs- und Finanzierungsfunktion hat, so dass insgesamt eine Kreditgewährung des Leasinggebers vorliegt. Diese Prüfung ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse auf der Grundlage der konkreten vertraglichen Vereinbarungen und deren tatsächlicher Durchführung vorzunehmen.

Sachverhalt

Im Urteilsfall hatte ein Leasinggeber elektronische Informationssysteme gekauft, die der Verkäufer entwickelt hatte und deshalb nicht bilanzieren konnte. Der Leasinggeber/Käufer verleaste die Informationssysteme an den Verkäufer/Leasingnehmer. Darüber hinaus erhielt der Leasinggeber vom Leasingnehmer für den Kauf ein Darlehen in Höhe von 2/3 des Nettokaufpreises. Nachdem der Leasingnehmer in Zahlungsverzug geraten war, kündigte der Leasinggeber den Vertrag vorzeitig.

Entscheidungsgründe

Entgegen der Vorinstanz beurteilte der Bundesfinanzhof die Leistung des Leasinggebers aufgrund des Inhalts des Gesamtkonzepts nicht als eine umsatzsteuerfreie Kreditgewährung. Der Leasingvertrag sei im Zusammenhang mit dem Kauf- und Darlehensvertrag zu beurteilen. Beide Verträge bildeten sowohl eine rechtliche als auch wirtschaftliche Einheit. Insbesondere seien der Kauf- und Darlehensvertrag nicht ohne den Leasingvertrag geschlossen worden. Der Schwerpunkt der Leistung des Leasinggebers sei die Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung. Dem Leasingnehmer wurde mit dem Geschäft die Aktivierung einer Forderung als Gegenwert für die selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgüter ermöglicht. Eine Bilanzierung der von dem Leasingnehmer selbstgeschaffenen immateriellen Wirtschaftsgüter wäre ohne die Mitwirkung des Leasinggebers aufgrund des Aktivierungsverbots gem. § 5 Abs. 2 EStG ausgeschlossen gewesen.

Hinweis für die Praxis

Bislang führte die Gestaltung eines Sale-and-lease-back-Geschäfts umsatzsteuerrechtlich entweder zu einer Lieferung oder zu einer steuerfreien Kreditgewährung des Leasinggebers. Je nach Ausgestaltung des Sale- and-lease-back-Geschäfts kann die Leistung des Leasinggebers jedoch auch in seiner Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung des Leasingnehmers bestehen, also umsatzsteuerpflichtig sein. Darauf ist sowohl bei der Vertragsgestaltung als auch bei der Rechnungsstellung zu achten.